Phytophatogene Pilze aus mikroskopischer Sicht
Abb. 1: Konidien des Echten Mehltaus an Weizen mit Keimschläuchen und Appressorien
Bonn, den 18.12.2014
Zum letzten Treffen im Dezember wurde es noch ein mal botanisch: Frau Dr. Steiner vom Institut für Nutzpflanzenwissenschaften und Ressourcenschutz - Phytomedizin der Universität Bonn hatte für uns einen Vortrag mit Übungen zum Thema krankheitserregende Pilze an Pflanzen vorbe- reitet. Im ersten Teil der gut besuchten Veranstaltung stellte unsere Referentin uns die Lebensweise dieser Pilze an Beispielen verschiedener Arten vor und ging auf die mikroskopischen Präparations- und Untersuchungsmethoden ein, die in der Forschung an der Universität Bonn eingesetzt werden. Dabei zeigte sich, dass auf diesem Gebiet die klassische Hellfeldmikroskopie noch immer eine große Bedeutung in der praktischen Arbeit hat.
Danach konnten wir im zweiten Teil an den von ihr zur Verfügung gestellten Pflanzen und Präparaten selbst aktiv werden und uns ein eigenes Bild von den Pflanzenschädlingen machen.
Verschiedene Gruppen phytopathogener Pilze
Phytophatogene - also an Pflanzen Krankheiten verursachende - Pilze zeigen nicht nur einen interessanten Lebenszyklus, der auf unterschiedlichste Weise an die jeweilige Wirtspflanze angepasst ist, sondern stellen auch durch die durch sie verursachten Minderernten oder gar Ernteausfälle einen bedeutenden Wirtschaftsfaktor da, wenn sie Nutzpflanzen befallen, die gerade bei den in Europa und Amerika vorherrschenden Monokulturen besonders anfällig geworden sind.
Grundsätzlich unterscheidet man dabei zwischen nekrotrophen Pilzen, die für ihren Lebenszyklus die Inhaltsstoffe befallener Pflanzenzellen nutzen. Diese töten ihre Wirtszellen durch toxische Substanzen und lytische Enzyme ab und können so in kurzer Zeit ganze Bestände vernichten. Hier ist beispielsweise der Schlauchpilz Cochliobolus heterostrophus zu nennen, der die Maisbleiche verursacht. Eine besondere Rolle spielt der Grauschimmel (Botrytis cinerea). Zum Einen, weil er recht unspezifisch etwa 230 verschiedene Pflanzenarten befällt, zum Anderen, weil er als
Edelfäule an der Weinrebe (Vitis vinifera) auch einen positiven Aspekt hat.
Abb. 2: Edelfäule (Grauschimmel, Botrytis cinerea) an Rieslingtrauben, Aufnahme von Tom Maack unter GFDL (Wikipedia - 2005)
Die zweite große Gruppe bilden die biotrophen Pilze, die auf lebende Wirtszellen angewiesen sind. Sie bilden spezielle Organe (Haustorien) aus, die in die befallenen Zellen eindringen ohne diese abzutöten und dort Nährstoffe aufnehmen, die die Pflanze für ihren eigenen Stoffwechsel bereit stellt. Manche Arten sind sogar in der Lage, den Stoffwechsel ihres Wirts zu ihren Gunsten zu beeinflussen. Dabei kann man ein mehr oder weniger schonendes Vorgehen beobachten: bei einigen Arten wachsen die Hyphen in den Zellzwischenräumen des Wirts, andere hingegen wachsen nur zwischen der Cuticula und der Epidermis oder bis auf die Haustorien komplett außerhalb des Körpers der befallenen Pflanze.
Als Beispiel ist hier der Echte Mehltau (Blumeria graminis) zu nennen, den wir uns im Kommenden noch etwas genauer an sehen. Aber auch viele Rostpilze (Uromyces sp.) gehören in die Gruppe der biotrophen Pilze.
Abb. 3: Der Bohnenrost - Uromyces_appendiculatus - auf einem Blatt, Aufnahme von 'Rasbak' unter GFDL (Wikipedia)
Es gibt aber auch Zwischenformen, die nur für einen Teil ihres Lebenszyklus auf lebende Wirte angewiesen sind, zu diesen hemibiotrophen Arten gehören zum Beispiel der Eipilz Phytophthora infestans, der hauptsächlich Nachtschatten- gewächse - so zum Beispiel Kartoffelpflanzen - befällt.
Abb. 4: Der Eipilz Phytophthora infestans auf einem Kartoffelblatt, Aufnahme von 'Rasbak' unter GFDL (Wikipedia)
Lebenszyklus des Echten Mehltaus am Weizen
Schauen wir nun einmal exemplarisch auf den Lebenszyklus des Echten Mehltaus am Weizen (Blumeria graminis f. sp. tritici). Dazu greife ich auf ein Präparat zurück, das uns Frau Dr. Steiner zu ihrem Vortrag im Dezember mitgebracht hatte. Der Blumeria graminis, der Verursacher des Getreide- mehltaus, gehört zu den Schlauchpilzen (Ascomyceten) in die Familie der Echten Mehltaupilze (Erysiphaceae). Die Formen dieses obligat biotrophen Pilzes sind jeweils nur auf einer bestimmten Wirtspflanze anzutreffen, bei B. graminis f. sp. tritici ist dies der Weizen. Der Pilz bildet charakteristische weiße Pusteln auf den befallenen Blättern, wie in der folgenden Abbildung gezeigt. Diese werden gelb und zeigen eine stark verringerte Photosyntheseleistung, was sich auch auf den Ertrag auswirkt. Ist eine Pflanze zu stark befallen, stirbt sie sogar ab, was auch den Tod des auf ihr parasitierenden Pilzes zur Folge hat, der ja als biotrophe Art auf einen lebendigen Wirt angewiesen ist.
Abb. 5: Der Echte Mehltau (Blumeria graminis f. sp. tritici) an Weizenblättern, Aufnahme 'Agronom' unter GFDL (Wikipedia, 26.07.2011)
Während der Sommermonate vermehrt sich der Echte Mehltau asexuell über seine Sporen (Konidien), die durch Wind und Regen verbreitet werden und sich an neuen Wirtspflanzen oder Blättern der bereits befallenen Pflanze festsetzen. Dazu benutzen sie eine Art Kleber, der an einem Ende der Spore gebildet wird und diese sicher auf der Oberfläche des Wirts verankert. Innerhalb der kommenden Zwei Stunden wird ein erster Keimschlauch ausgebildet (primärer Keimschlauch, PGT). Seine Funktion ist noch nicht zweifelsfrei erforscht, aber man nimmt an, dass er der Wasseraufnahme und der Erkennung des Wirts dient.
Der zweite Keimschlauch (appressoriale Keimschlauch, AGT) wird einige Stunden nach dem ersten Kontakt ausgebildet und ist etwa 30 - 40 μm lang. Er ist durch ein Septum von dem Konidium getrennt und entwickelt an einem Ende eine hakenförmige Verdickung, das Appressorium. Aus dem Appressorium wächst dann der Penetrationsschlauch, mit dem der Pilz die Zellwand seines Wirts durchbricht. Dazu nutzt er den eigenen Zellinnendruck (Turgor) aber vermutlich spielen auch enzymatische Vorgänge eine Rolle, die helfen, die Zellwand aufzulösen. Die Blumeria-Arten sind dabei die einzigen in der Familie der Erysiphaceae, die zwei Keimschläuche bilden. Der ganze Vorgang dauert ca. 15 bis 16 Stunden und die Plasmamembran der Wirtszelle bleibt intakt.
Ist die Zellwand durchbrochen, bildet sich am Penetrationsschlauch im Zellinneren das Haustorium aus: der Pilz hat angedockt und seine Nährstoffversorgung ist sicher gestellt. Nun breitet sich das Mycel des Pilzes auf der Oberfläche der Pflanze aus. Dabei werden über weitere Appressorien neue Haustorien gebildet, um die Versorgung des nun größeren Pilzkörpers aufrecht zu erhalten. Nach etwa drei bis vier Tagen bildet der dann auch mit bloßem Auge erkennbare Pilz Konidiophoren, von dem sich reife Konidien abschnüren und das Spiel beginnt von neuem. Dabei wird die geschwächte Pflanze anfälliger für z.B. den Befall durch anderer Pilzarten, sodass man den Echten Mehltau an stark befallenen Pflanzen oft in Gesellschaft anderer Schädlinge vorfindet.
Abb. 6: Asexueller Lebenszyklus des echten Mehltaus an Weizen (Blumeria graminis f. sp. tritici), wie oben beschrieben
Mikroskopische Bilder aus dem Zyklus in Abb. 6
Informationen zur Präparation
Die am Institut von Frau Dr. Steiner bevorzugte Präparationsmethode ist das Totalpräparat befallener Pflanzenteile, da man darin bei geeigneter Färbung den Verlauf der Pilzhypen besser verfolgen kann, als in Längs- oder Querschnitten. Dazu werden die Proben zunächst in einer hochkonzentrierten Lösung von Chloralhydrat in Wasser gebleicht, ein Vorgang, der zwei bis drei Tage dauern kann und von leichter Erwärmung profitiert. Die pflanzlichen und pilzlichen Strukturen bleiben dabei sehr gut erhalten und besonders der Pilz wird durch den nächsten Schritt, einer Färbung mit Baumwollblau, sehr gut hervorgehoben. Faszinierend ist, dass auch die regulären Pflanzenzellen leicht an gefärbt werden, was deren Strukturen sehr schön durchscheinen lässt.
Dank
Wir danken Frau Dr. Steiner für ihren interessanten und lehrreichen Vortrag und die Möglichkeit, das Gehörte im Anschluss gleich in der Praxis erproben zu können.
Literatur und Links
[1] Script zu Frau Dr. Steiners Vortrag
Frau Dr. Steiner, 2014
(pdf; 24 MB)
[2] Phytomedizin: Grundwissen Bachelor
J. Hallmann, A. Quadt-Hallmann, A. von Tiedemann
UTB, 2. Auflage 2009; Kap. 5 Pilze, Seite 62 ff.