Pflanzenschnitte mit Zylindermikrotom und Klingenhalter - was es nicht alles gibt
Wieder gut besucht, aber dank des großen Übungsraums diesmal mit genügend Platz
Bonn, der 16.03.2023
Womit kann man als Hobbymikroskopiker heut- zutage Pflanzenschnitte erstellen? Da gibt es mittlerweile doch einige Möglichkeiten, auf die am Themenabend der MKB im März 2023 eingegangen werden sollte. Bei den verschiedenen Arten von Zylindermikrotomen, Klin- genhaltern und Klingen gibt es einiges zu beachten und mancher Kniff macht das Leben des Pflanzenschnibblers leichter.
Ich hoffe, der kleine Vortrag und die anschließenden praktischen Übungen anhand von Blattstiel und Spross des Efeus haben die Erwartung der Teilnehmer erfüllt.
Nachdem es beim Februartreffen zum Thema Moose im Seminarraum sehr kuschelig geworden war, fand das Treffen diesmal im großen Übungsraum des Steinmann Instituts statt. Somit war sicher gestellt, dass jeder genug Platz zum Aufbau der eigenen Gerätschaften hatte. Und natürlich konnten im praktischen Teil auch die von mir mitgebrachten Mikrotome, Halter und Klingen ausprobiert werden.
Am Anfang stand jedoch ein kurzer Vortrag zu den verschiedenen zur Zeit erhältlichen Schneideutensilien rund um das Zylindermikrotom, im Rahmen dessen auch Fragen gestellt werden konnten.
Bei den Zylindermikrotomen ging es insbesondere um die Vorteile eines Tischmikrotoms (hier vertreten durch das "Tempelchen" - dem Umbau eines Jung Handzylindermikrotoms mit einem massiven Ständer) oder einer Tischhalterung (Mikrotom und Halterung von Jung) gegenüber dem freistehenden Zylindermikrotom. Auch die Form und Stabilität der Klemmvorrichtung im Zylinder kann das Schneiden sehr erleichtern - oder eben erschweren. Im Idealfall hat das Zylindermikrotom zwei Klemmbacken mit geraden Kanten wie beim Gerät von Jung. Viele neuere Mikrotome aus chinesischer Produktion klemmen jedoch mit einer einzelnen abgerundeten Klemme direkt gegen die Zylinderwand, was die Positionierung besonders von eingebettetem Schnittgut unnötig erschwert. Gerade dann, wenn die eine Backe nur durch ein windiges Federblech gehalten wird. Vorsicht beim Neukauf: manche Mikrotome haben nur einen einfachen Stempel zum Aufschmelzen von Paraffinwürfeln und die meisten gut ausgestatteten Handzylindermikrotome sind nur noch gebraucht erhältlich.
Da die Frage öfter gestellt wird: bnei allen mir bekannten Zylindermikrotomen beträgt der Vorschub beim Drehen der Stellschraube um einen Teilstrich 10 µm.
Auch der Einsatz des Pinsels als Hilfe gegen das Aufrollen der Schnitte von harten Probenmaterialien sowie der Einsatz von Bobs Schneidehilfe bei dünneren Proben wurde vorgestellt und gezeigt. Hier noch einmal der Hinweis: zwei übereinandergelegte Objektträger (bei Bobs Kilngenhalter nur einer) tun es zur Not auch.
Zylindermikrotome
Klassisch wurde auf dem Zylindermikrotom mit dem Mikrotommesser, einem abgewandelten Rasiermesser mit einer ebenen Seite geschnitten. Diese Geräte gibt es für Rechts- und Linkshänder. Die Klingen dieser alten Präzisionsgeräte sind sehr scharf, die Handhabung und insbesondere Pflege nicht ganz einfach und auch ziemlich aufwendig. Auch mit den kurzen Mikrotommessern der alten Studentenmikrotome lässt es sich auf dem Zylindermikrotom gut schneiden, doch auch hier ist der Aufwand zur Klingenpflege und zum Nachschleifen sehr hoch.
Daher bietet sich der Schnitt mit einmalklingen an, wie sie im professionellen Laborbedarf z.B. für Rotationsmikrotome erhältlich sind. Diese brauchen jedoch einen passenden Halter und sind recht teuer. Die beiden am Abend gezeigten Klingen der Marke Leica 818 und Roundfin RD-1601B nehmen sich da nichts. Die Leica Klingen sind beschichtet und gehen etwas sanfter durchs Schnittgut, die unbeschichteten Roundfin sind gefühlt etwas schärfer. Es gibt auch noch weitere Hersteller wie z.B. Feather, wichtig ist beider VErwendung der üblichen Halter jedoch, darauf zu achten, dass es sich um die breiteren "High Profile" Klingen handelt.
Leider sind diese Klingen im Vergleich sehr teuer (50 Stück teils deutlich über 100 Euro) und oft nicht in Hobby-Mengen bestellbar. Aber geht es nicht auch mit Cutter-Klingen? Ja, das geht, mit dem dazu passenden Halter. Diese sind ebenfalls sehr scharf, bewährt haben sich klingen der Marke Olfa.
Insbesondere bei schwierigen Proben sollte jedoch immer mit frischen Klingen egal welchen Typs geschnitten werden. Der Vorgänger dient dann zum Tournieren der Probe und Zuschneiden des ggf. benötigten Materials zur Einbettung der Probe. Hier kann man Möhre nehmen oder Hartschaumplatten wie z.B. Styrodur. Die Möhre führt manchmal zu roten Artefakten im Schnitt, mit Hartschaum werden die Klingen schneller stumpf.
Unterschiedliche Klingen
Über lange Jahre der Quasi-Standard zur Nutzung von Einmalklingen auf dem Zylindermikrotom ist der SHK Halter, genannt nach seinem Schöpfern und Weiterentwicklern: Strebele, Hausman und Kramer. Das gute Stück wird aus Hartaluiminium in den Werkstäten der TH Darmstadt hergestellt und ist ein stabiles Präzisionswerkzeug zu einem guten Preis (um 85 Euro). Es gibt ihn in verschiedenen Versionen mit und ohne Stellschrauben für die obere Haltebacke, ich selbst scheide am liebsten mit einem älteren Typ mit massiven Klemmschrauben ohne die Verstellmöglichkeit.
Es gab eine defekte Serie mit zu dickem Unterteil, das beim Schnitt über die Schnittfläche der Probe geschabt und diese oft zerstört hat. Diese GEräte wurden aber alle ausgetauscht.
Weiterhin gab es einen Nachbau, der jedoch die notwendige Präzision nicht erreicht hat und eingestellt wurde. Diese Geräte mögen zum Teil noch im Einsatz sein und sind aufgrund der Produktionsschwankungen teils ganz gut verwendbar, oft aber auch unbrauchbar.
Recht neu ist Bobs Klingenhalter für die längeren Cutterklingen von Olfa. Dieser ist aus Kunststoff und stammt aus dem 3D-Drucker. Zusammen mit den Cutterklingen erreicht man zu einem deutlich niedrigeren Einstiegspreis bei besser erhältlichen Klingen ebenfalls gute Ergebnisse.
Allgemein gilt für alle Kombinationen: üben, üben üben. Es dauert eine Weile, bis man das Werkzeug sicher beherrscht. Am besten startet man mit einfachen Proben wie z.B. den Blattstielen von großen Efeu-Blättern (Hedera helix), die bis zu 3 mm Durchmesser erreichen können und sich freistehend schneiden lassen. Wenn es damit gut klappt, kann man sich holzigen Pflanzenteilen zuwenden. Blätter schneidet man am besten in Möhreneinbettung und behinnt auch hier mit einfachen Proben wie z.B. den dicken Blättern der Lorbeerkirsche (Prunus laurocerasus).
Alles eine Frage der Haltung :)
Nach dem Vortrag dann die Praxis: Dank Ringleuchten und Kamera konnte cih die Handhabung der angesprochenen Gerätschaften über den Rechner an die Wand projizieren, sodass alle Teilnehmer bequem zusehen konnten. Und natürlich wurde auch selber geschnibbelt, was das Zeug hält. Die Schnitte gilt es nun nach Fixierung in AFE gut aufzubewahren: in einem kommenden Termin möchte ich einen Querschnitt der derzeit üblichen botanischen Färbungen zeigen. Natürlich auch wieder mit großem Praxisteil.
Impressionen aus dem Kurssaal
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