Fruchtstiel der Dessert-Banane (Musa x paradisiaca)
Bild 1: Illustration zu Musa x paradisiaca. Aus Flora de Filipinas, Gran edicion, Atlas I, 1880 von Francisco Manuel Blanco (O.S.A.), gemeinfrei
Jörg Weiß, vom 28.03.2024
Vor mehr als zehn Jahren hatte ich schon einmal den Fruchtstiel einer Banane geschnitten, die Bilder hier aber nie gezeigt. Die Anlage der Leitbündel im Fruchtstiel führt zu einem sehr ästhetischen Muster und ich wollte einmal probieren, wie der Schnitt mit Sven Kötters Hamburger Grün wirkt. Also habe ich im vergangenen Dezember im Obstkorb nach einer frischen Banane geschaut und mich ans Werk gemacht. Das Ergebnis möchte ich Ihnen diesmal nicht vorenthalten. Aber wie gewohnt zunächst einige Informationen zur Pflanze selbst.
Artikelinhalt
Zunächst einige Informationen zur Pflanze selbst
Die meisten Bananen, die wir im Supermarkt kaufen können, stammen von der Dessert-Banane (Musa x paradisiaca), einer auf Ertrag gezüchteten Hybride mit verkümmerten Samenanalgen.
Die Gattung Musa (Bananen) zählt etwa 80 Arten, die mit einer Ausnahme (Tansania) alle aus dem tropischen bis subtropischen Asien und westlichen Pazifikraum stammen. Die einkeimblättrigen Pflanzen gehören mit der Familie Musaceae (Bananengewächse) in die Ordnung Zingiberales (Ingwerartige). Einige der Arten bilden essbare Früchte, die geschmacklich oft viel intensiver und weniger süß (Kochbananen) sind, als unsere gewohnte Kaufhausbanane, von der auch meine Probe stammt.
Wie alle Pflanzen der Gattung Musa sind auch die Dessertbananen immergrüne, krautige Pflanzen. Sie besitzen ein Ausläufer bildendes, unterirdisches Rhizom. Die eigentliche Sprossachse bleibt bis zur Blütezeit sehr kurz. Wir sehen einen Scheinstamm, der aus der Sprossachse im Zentrum besteht, der fest von den massiven Blattstielen bzw. Blattscheiden umschlossen ist. Die Höher variiert zwischen einem halben und drei Metern, dabei kann das untere Ende leicht verdickt sein.
Bild 2: Desertbananenpflanze mit Fruchtstand. Aus Wikipedia, von User Papouten, CC BY-SA 4.0
Die großen, einfachen, ganzrandigen Laubblätter sind in Blattstiel und Blattspreite gegliedert. Die Blattspreite ist länglich oder länglich-elliptisch geformt, sie erreicht eine Länge von zwei bis drei Meter bei einer Breite von 30 bis 60 Zentimeter. Ältere Blätter sind oft vielfach bis zur Mittelrippe eingerissen.
Bild 3: Desertbanane mit Blüte / Fruchtstand. Aus Wikipedia, von Canthia Doresi, CC BY-SA 4.0
Der endständige Blütenstand hängt meist über, manchmal steht er jedoch auch aufrecht. Er ist mit zahlreichen grünen, braunen oder rot-violetten Hochblättern besetzt, die nach und nach abfallen. An der Unterseite eines jeden Hochblatts befinden sich mehrere Blüten in einer oder zwei Reihen. Die zwittrigen oder eingeschlechtigen Blüten sind zygomorph und dreizählig. An der Basis des Blütenstands sind die Blüten weiblich (mit verkümmerten Staubblättern) oder zwittrig, zum Ende des Blütenstands hin befinden sich männliche Blüten mit fünf Staubblättern. Fünf der sechs Blütenhüllblätter sind zu einer Röhre verwachsen, die an einer Seite bis zum Grund aufreißt.
Bild 4: Bananenblüten. Aus Wikipedia, von Kamru Islam Shahin, CC BY-SA 4.0
Die Früchte, die botanisch zu den Beeren gehören, werden meist 20 bis 35 Zentimeter lang. Sie sind länglich geformt, meist gekrümmt, im Querschnitt leicht kantig. Sie enthalten zahlreiche rundliche bis linsenförmige Samen. Die Früchte der kultivierten Sorten wie Musa x paradisiaca enthalten meist keine oder verkümmerte Samen. Sie haben, verglichen mit anderen Obstsorten, einen mäßigen Vitamingehalt (Vitamin C (12 mg pro 100 g), Folsäure (20 µg pro 100 g), und enthalten Mineralstoffe (insbes. Phosphor, Eisen, Kalium, Magnesium, Mangan, Kupfer), Zucker und Ballaststoffe.
Bild 5: Beerenfrucht einer Wildbanane mit Samen. Aus Wikipedia, von Warut Roonguthai, CC BY-SA 3.0
Literatur:
Die Dessertbanane ist ein wichtiges Exportprodukt und wird quasi in der ganzen Welt angeboten. Informationen zur wirtschaftlichen Bedeutung der Bananen findet Ihr sehr umfangreich zusammengestellt im Wikipediaartikel zur Dessertbanane: http://de.wikipedia.org/wiki/Dessertbanane
Zur Anatomie der Musaceae bietet Anatomy of the Monocotyledons Vol. III, Commelinales - Zingiberales von T.B. Tomlinson ab Seite 303 viele nützliche Hinweise, unter Anderem auch auf Tannine und Milchröhren in allen Pflanzenteilen, was natürlich bei der Präparation beachtet werden muss.
Bild 6: Illustration einer Wildbanane: Musa troglodytarum. Aus Flora de Filipinas, Gran edicion, Atlas I, 1880 von Francisco Manuel Blanco (O.S.A.), gemeinfrei
Kurz zur Präparation
Geschnitten habe ich den Fruchtstiel freistehend längs und quer auf dem Tempelchen (Zylindermikrotom im Halter als Tischmikrotom) mit Leica Einmalklingen 818 im SHK Halter.
Die Schnittdicke beträgt je ca. 50µm.
Nach einer Schnittfixierung in AFE für ca. 1 Stunde waren wegen der enthaltenen Tannine bzw. dem Milchsaft weitere Schritte notwendig:
- Stufenweises Überführen in Aqua dest.
- Spülen mit Eau de Javel für ca. 30 Sekunden
- Mehrfaches gründliches Spülen mit Aqua dest.
- Bleichen mit Chloralhydrat für ca. 2 Stunden
- Mehrfaches gründliches Spülen mit Aqua dest.
Die Färbung ist
Hamburger Grün nach Sven Kötter.
Eingedeckt wurden die Schnitte nach gründlichem Entwässern mit reinem Isopropanol und Überführen in Xylol in Euparal.
Und zur verwendeten Technik
Die Aufnahmen sind auf dem Leica DMLS mit dem NPlan 5x sowie den PlanApos 10x, 20x, 40x und 100x entstanden. Die Kamera ist eine Panasonic GX7, die am Trinotubus des Mikroskops ohne Zwischenoptik direkt adaptiert ist. Die Steuerung der Kamera erfolgt durch einen elektronischen Fernauslöser. Die notwendigen Einstellungen zur Verschlusszeit und den Weißabgleich führe ich vor den Aufnahmeserien direkt an der Kamera durch. Der Vorschub erfolgt manuell anhand der Skala am Feintrieb des DMLS.
Alle Mikroaufnahmen sind mit Zerene Stacker V1.04 Build T2023-06-11-1120 (64Bit) gestackt. Die anschließende Nachbereitung beschränkt sich auf die Normalisierung und ein leichtes Nachschärfen nach dem Verkleinern auf die 1024er Auflösung (alles mit XNView in der aktuellen Version). Bei stärker verrauschten Aufnahmen lasse ich aber auch mal Neat Image ran.
Nun zu den Schnitten vom Fruchtstiel
Neben den Hinweisen auf Tannine und Milchsaft fanden sich im Artikel zu den Musaceae auch solche auf Raphidenbündel und einen "groben Calciumoxalatsand" in den Zellen aller Pflanzenteile. Daher habe ich bei den frischen, unfixierten Schnitten einmal ganz genau hin geschaut:
Bilder 7a-d: Aufnahmen vom frischen, unfixierten Querschnitt des Fruchtstiels im Hellfeld
Abgesehen davon, dass man auch hier wieder alle relevanten Strukturen auch ohne Färbung erkennen kann: wer genau hin schaut, kann in den Aufnahmen 7c&d einige Raphidennadeln erkennen. Und in Bild 7b finden wir rechteckige Strukturen in einigen der Parenchymzellen. Wenn das der Calciumoxalat-"Sand" ist, müsste er sich im Polarisationskontrast entsprechend darstellen lassen.
Bilder 8a-f: Aufnahmen vom frischen, unfixierten Querschnitt des Fruchtstiels im Polarisationskontrast
Während man einzelne Rhapiden im Bild 8a nur erahnen kann, sind sie im Bild 8b schon klar zu erkennen. Etwas näher ran in den Bildern (c&d findet sich ein angeschnittenes Raphidenbündel, dessen einzelne Nadeln sich auf der Oberfläche des Schnitts verteilt haben.
Und die Bilder 8e&f zeigen auch den bei Tomlinson beschriebenen Calciumoxalatsand, der mir ohne die Beschreibung in der Literatur sicher entgangen wäre.
Und nun kommt Farbe ins Spiel! Eines gleich vorweg: durch die aufwändige Präparation mit vielen Spül- und Bleichschritten und dem mehrfachen Erwärmen ist vom Calciumoxalat nichts mehr zu sehen: sowohl Sand als auch Nadeln sind verschwunden.
Der Fruchtstiel lässt sich anhand der Leitbündelanordnung in einen äußeren und einen inneren Bereich einteilen:
Bild 9: Makro eines Querschnittpräparates, Färbung ist hier W3Asim II
Dabei versorgt der äußere Leitbündelring die Fruchtschale der Beerenfrucht, während der innere Ring die Samenanlagen und das Parenchym drumherum bedient.
Bilder 10a-f: Der äussere Leitbündelring im Querschnitt, Färbung Hamburger Grün
Hier finden wir den klassischen Aufbau einer Einkeimblättrigen Pflanze: viele geschlossen kollaterale Leitbündel eingelagert in ein Parecnchym (RP). Dabei zeigen die Leitbündel einen etwas spezielleren Aufbau: hinter einer massiven Sklerenchymkappe (Skl) liegt ein vergleichsweise kleines Phloem (Pl), gefolgt vom Xylem (Xl), das von einer, in Ausnahmefällen von zwei, Spiraltracheiden mit entsprechend großem Durchmesser dominiert wird. Nach außen haben wir den klassischen Abschluss in Form einer Epidermis (Ep) mit Cuticula (Cu), die wir uns gleich noch einmal im Detail ansehen werden. Innen wäre ein eher leitbündelloses Markparenchym zu erwarten, das hier aber von der Leitbündelgruppe zur Versorgung des inneren der Beerenfrucht ersetzt wird.
Zwischendrin finden sich immer wieder "Zellen" mit eher Lila angefärbten Wänden. Hier handelt es sich um die Milchröhren. Artefakte in Form von gefüllten Zellen mit abweichender Farbe sind wahrscheinlich auf Reste der Tannine zurück zu führen.
Bilder 11a-c: Epidermis des Fruchtstiels. Hamburger Grün, letztes Bild W3Asim II
Hier ist schön zu sehen, woher die matte, seidige Oberfläche der Banane kommt: die Zellen der Epidermis (Ep) haben kleine, abgerundete Ausstülpungen. Darüber liegt die schützende Cuticula (Cu).
Bilder 12a-e: Der innere Leitbündelring im Querschnitt, Färbung Hamburger Grün
Hier nun der innere Ring, in dem die Leitbündel dicht an dicht eine fast geschlossene Gruppe bilden. Die Benennung der Gewebe erfolgt nach dem gleichen Schlüssel wie unter den Bildern 10 beschrieben.
Werfen wir nun noch ein Blick auf die Längsschnitte:
Bilder 13a-d: Längsschnitte mit Spiraltracheiden
Umgeben vom Rindenparenchym (RP) finden wir zum einen die lang gestreckten roten Sklerenchymzellen und am Rand eine große Tracheide (T), deren spiralförmige Versteifungen im Längsschnitt besonders schön zu erkenne sind. Im Bild 13d sehen wir den Übergang zwischen zwei dieser Tracheiden.
Die Schnitte von der "Bananenschale"
Nun stellt sich die Frage, wie denn die Fruchthülle der Banane ausschaut, also die klassische Bananenschale. Den interessanten Teil mit den Leitgeweben kann ich hier anhand von Bildern eines Präparates vom leider schon verstorbenen Bode Braunstorfinger zeigen. Die Färbung ist hier wahrscheinlich W3A.
Bilder 14a-d: Querschnitt durch die "Bananenschale"
Alles sehr ähnlich, nur dass die Sklerenchymkappen (Skl) hier nicht verholzt sind, also Blau erscheinen. Die Artefakte in Form der mit einem roten "Lack" gefüllten Lumen weisen wieder auf die Milchröhren hin. Das Phloem (Pl) ist kaum zu erkennen, die Spiraltracheiden (T) sind entsprechend kleiner.
Literatur und Links
[1] Mikroskopisch-botanisches Praktikum
Gerhard Wanner
, Thieme, 2. Auflage 2010
[2] Pflanzenanatomie
Katherine Esau, Gustav Fischer Verlag, 1969
[3] Botanische Schnitte mit dem Zylindermikrotom
Jörg Weiß, MBK 2011
[4] Tabelle der Abkürzungen zur Pflanzenanatomie
Jörg Weiß, MKB 2013
[5] Esaus Pflanzenanatomie
Ray F. Evert
de Gruyter, 2009
[6] Anatomy of the Monocotyledons
T.B. Tomlinson, Oxford Press 1950
Vol. III, Commelinales - Zingiberales, S. 303 ff. Musacea
[7] Musa x paradisiaca in der deutschen Wikipedia
Zuletzt Abgerufen am 28.03.2024
Bildquellen
- Bild 1: Illustration zu Musa x paradisiaca.
Aus Flora de Filipinas, Gran edicion, Atlas I,
1880 von Francisco Manuel Blanco (O.S.A.), gemeinfrei
- Bild 2: Desertbananenpflanze mit Fruchtstand.
Aus Wikipedia, von User Papouten, CC BY-SA 4.0
- Bild 3: Desertbanane mit Blüte / Fruchtstand
Aus Wikipedia, von Canthia Doresi, CC BY-SA 4.0
- Bild 4: Bananenblüten
Aus Wikipedia, von Kamru Islam Shahin, CC BY-SA 4.0
- Bild 5: Beerenfrucht einer Wildbanane mit Samen
Aus Wikipedia, von Warut Roonguthai, CC BY-SA 3.0
- Bild 6: Illustration einer Wildbanane: Musa troglodytarum
Aus Flora de Filipinas, Gran edicion, Atlas I,
1880 von Francisco Manuel Blanco (O.S.A.), gemeinfrei
- Bilder 14a-d: Bananenschale im Querschnitt
Eigene Aufnahmen von einem Präparat von Bodo Braunstorfinger
- Alle anderen Aufnahmen vom Autor des Artikels
Zurück zum Artikelanfang Zurück zum Inhaltsverzeichnis