Spross des Winter-Jasmins (Jasminum nudiflorum)
Bild 1: Spross mit Blättern des Winter-Jasmins (Jasminum nudiflorum), aus Wikipedia, User Pancrat, CC BY-SA 3.0
Jörg Weiß, vom 21.02.2024
Dieser Tage sieht man bei uns in den Gärten oder auch schon mal verwildert einen seltsamen Strauch, der im auf den ersten Blick mit seinen grünen Zweigen ein wenig dem Ginster ähnelt. Zumal er gerade auch gelbe Blüten trägt. Es handelt sich um den Winter-Jasmin (Jasminum nudiflorum, Syn.: Jasminum siebol- dianum Blume), eine der wenigen Arten in der Gattung Jasminum, die nicht duften. Gerade die Ähnlichkeit der Sprosse mit dem Ginster hat mich dazu bewogen, doch mal eine Probe zu schneiden.
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Zunächst einige Informationen zur Pflanze selbst
Der Winter-Jasmin, Nacktblütiger Jasmin, Gelber Winterjasmin oder Echter Winterjasmin genannt, gehört zur Pflanzengattung Jasminum in der Familie der Ölbaumgewächse (Oleaceae). Ungewöhnlich ist seine in die Wintermonate fallende Blütezeit.
Bild 2: Winter-Jasmin, Habitus
Er stammt ursprünglich aus den nördlichen und westlichen chinesischen Provinzen Gansu, Shaanxi, Sichuan, dem südöstlichen Tibet und dem nordwestlichen Yunnan. Er wächst in Dickichten, an Hängen und in Schluchten in Höhenlagen zwischen 800 bis hinauf zu 4500 m Höhe.
1844 gelangte er erstmalig nach Europa und heute ist er als Zierpflanze in Parks und Gärten der gemäßigten Breiten zu finden. In Frankreich tritt er sogar beständig verwildert auf. Der Winter-Jasmin wird in Europa, wie schon seit alters her in China, wegen seiner im Winter erscheinenden Blüten als Zierpflanze kultiviert. In Mitteleuropa friert er bei starken Frösten zurück und sollte daher an geschützten Stellen oder Wänden, die auch den Zweigen eine Stütze bieten, gepflanzt werden. Die Art ist auch für Wintergärten geeignet.
Jasminum nudiflorum ist ein sommergrüner, breitwüchsiger Strauch mit grünen, vierkantigen, bogig-niederliegenden Zweigen, die, wenn sie den Boden berühren, anwurzeln. Dadurch kann der Winter-Jasmin wirre, dichte Büsche bilden. Als Spreizklimmer erreicht Wuchshöhen von etwa 2 Metern (mit Kletterhilfe auch bis zu 5 m).
Seine glänzend grünen, kurz gestielten Laubblätter sind gegenständig und meist dreiteilig gefiedert, manchmal ,,unifoliolat": mit nur einem Blättchen. Die ganzrandigen, sitzenden, kahlen Blättchen sind eiförmig bis elliptisch oder verkehrt-eiförmig und 1 bis 3 cm lang. Aufgrund der grünen Zweige sieht der Strauch aus, als sei er immergrün, doch er wirft im Herbst seine Blätter ab.
Bild 3: Blüten des Winter-Jasmins
Jasminum nudiflorum ist heterostyl - es werden innerhalb einer Art unterschiedliche Blütentypen Griffelformen) ausgebildet, um die Fremdbestäubung zu fördern. Leider habe ich keine passenden Beispiele fotografieren können. Die Blüten erscheinen in den Wintermonaten vor dem Blattaustrieb und stehen einzeln und achselständig an den kahlen, vorjährigen Zweigen (auf diese Eigenschaft weist auch das Epitheton ,,nudiflorum" = ,,nacktblütig" hin). Im Gegensatz zu fast allen anderen Vertretern der Familie duften die Blüten nicht und die Hauptblütezeit ist von Dezember bis April. Bei milden Temperaturen zeigt der Winter-Jasmin seine Blüten schon vor Weihnachten. Bei stärkerem Frost erfrieren die Blüten, treiben aber nach.
Der Blütenstiel ist 2 bis 3 mm lang. Die gelben, zwittrigen Blüten mit doppelter Blütenhülle messen im Durchmesser etwa 2 bis 2,5 cm und sind fünf- oder sechszählig. Die fünf oder sechs Kelchblätter sind grün, kurz becherförmig mit langen Zipfeln. Fünf oder sechs Kronblätter sind zu einer stieltellerförmigen Blütenkrone verwachsen. Die Kronröhre ist etwa 8 bis 20 mm lang, mit kürzeren, dachigen Lappen. In jeder Blüte sind nur zwei Staubblätter vorhanden. Der zweikammerige Fruchtknoten ist oberständig mit schlankem Griffel.
Bild 4: Blüten und Blätter des Winter-Jasmins am Ende der Blütezeit, aus Wikipedia, User Wildfire, CC BY-SA 2.5
Es werden leicht transparente, ein- bis zweisamige, eiförmige bis ellipsoide, kahle Beeren mit beständigem Kelch gebildet, die bis 6 mm lang sind und einen Durchmesser von 3 bis 4 mm haben.
Kurz zur Präparation
Die Probe eines Sprosses aus "Nachbars Garten" habe ich frisch und freistehend auf dem "Tempelchen" geschnitten. Wie immer mit Leica Einmalklingen 818 im SHK Halter bei einer Schnittdicke von ca. 50 µm. Die anschließende Schnittfixierung in AFE dauert ca. 60 Minuten.
Zwischenzeitlich habe ich einige Aufnahmen vom frischen, ungefärbten Schnitt gemacht.
Nach stufenweiser Überführung in Aqua dest. habe ich mit W3Asim I nach Rolf-Dieter Müller für 8 min mit einmaligen Erhitzen bis vor den Siedepunkt gefärbt und mehrfach mit Aqua dest. gespült, bis keine Farbe mehr abgeht.
Nach Überführung in Isopropanol 99,9% (3* im schnellen Wechsel, 2* 1 Minute, 3* 5 Minuten) habe ich in Euparal eingedeckt.
Und zur verwendeten Technik
Die Aufnahmen sind auf dem Leica DMLS mit dem NPlan 5x sowie den PlanApos 10x, 20x, 40x und 100x entstanden. Die Kamera ist eine Panasonic GX7, die am Trinotubus des Mikroskops ohne Zwischenoptik direkt adaptiert ist. Die Steuerung der Kamera erfolgt durch einen elektronischen Fernauslöser. Die notwendigen Einstellungen zur Verschlusszeit und den Weißabgleich führe ich vor den Aufnahmeserien direkt an der Kamera durch. Der Vorschub erfolgt manuell anhand der Skala am Feintrieb des DMLS.
Alle Mikroaufnahmen sind mit Zerene Stacker Version 1.04 Build T2023-06-11-1120 (64Bit) gestackt. Die anschließende Nachbereitung beschränkt sich auf die Normalisierung und ein leichtes Nachschärfen nach dem Verkleinern auf die 1024er Auflösung (alles mit XNView in der aktuellen Version). Bei stärker verrauschten Aufnahmen lasse ich aber auch mal Neat Image ran.
Nun zu den Schnitten vom Spross
Zunächst einige Aufnahmen vom frisch geschnittenen, ungefärbten und unfixierten Spross.
Bilder 5a-f: Unfixierter, frischer Spross, 5f im Polarisationskontrast, alle Aufnahmen gestapelt
In der Übersichtsaufnahme kann man schön zwei der vier "Nasen" sehen, die in Blattknospen enden und dem Spross das Vierkantige Aussehen verleihen. Dazwischen an der Oberseite eine Lentizelle. Ebenfalls gut erkennbar das ausgeprägte Assimilationsparenchym (Teil des Rindenparenchyms), das dem Spross sein kräftig grünes Aussehen verleiht. Darunter folgen hinter einigen Sklerenchymnestern Phloem, Cambium und das Xylem. im Inneren dann ein kräftiges Markparenchym. Im Ploarisationskontrast (letztes Bild) treten die Sklerenchymzellen und die verholzten Zellen des Xylems besonders deutlich in Erscheinung.
Nach der Färbung mit W3Asim finden wir Folgendes:
Bilder 6a-g: Bilder vom gefärbten Schnitt, alle Aufnahmen gestapelt
Wie nicht anders zu erwarten, finden wir: Epidermis und Cuticula (Ep & Cu) sowie die Lentizelle 8Len), darunter eine Hypodermis (Hyp), das "Assimilationsparenchym" ("AP") und das normale Rindenparenchym (RP) mit den Sklerenchymzellen (Skl). Darunter dann Phloem, Cambium und Xylem (Pl, Ca & Xl). Im Xylem dicht an dicht einzellige Markstrahlen (MS) und kleine Tracheen (T). Im Zentrum dann das Markparenchym (MP).
Nun schauen wir uns noch einige Details an.
Bilder 7a-c: Ein Stoma, Bild 7c mit Beschriftung
Der Spross hat ziemlich viele Stomata, sicherlich um in Anbetracht des hohen Anteils an Zellen mit Chloroplasten im Rindenparenchym für einen ausreichenden Gasaustausch zu sorgen.
Bilder 8a,b: Ein Trichom
Das Trichom ist eher eine Ausstülpung der Cuticula.
Bilder 9a,b: Lentizelle und Pilzbefall an einer Verletzung
Hier nun eine Lentizelle (Bild 9a) und eine Verletzung mit Pilzbefall (Bild 9b) im direkten Vergleich. Makroskopisch sind beide kaum zu unterscheiden.
Der Querschnitt des Ginstersprosses zum Vergleich
Und weil es da gewisse Ähnlichkeiten gibt, zum Schluss noch einige alte Aufnahmen vom Querschnitt durch einen Ginster-Spross.
Bilder 10a-e: Ginster-Spross, Färbung Etzold FCA, alle Aufnahmen gestapelt.
Eine gewisse Ähnlichkeit zwischen den Sprossquerschnitten von Winter-Jasmim und Ginster ist durchaus erkennbar, vor allem wegen des "Assimilationsparenchyms" im Rindenparenchym.
Allerdings sind beide Arten in unterschiedlichen Ordnungen zuhause: der Winter-Jasmin findet sich bei den Lamiales (Lippenblütlerartige), der Ginster bei den Fabales (Schmetterlingsblütenartige ).
Literatur und Links
[1] Mikroskopisch-botanisches Praktikum
Gerhard Wanner
, Thieme, 2. Auflage 2010
[2] Pflanzenanatomie
Katherine Esau, Gustav Fischer Verlag, 1969
[3] Botanische Schnitte mit dem Zylindermikrotom
Jörg Weiß, MBK 2011
[4] Tabelle der Abkürzungen zur Pflanzenanatomie
Jörg Weiß, MKB 2013
[5] Esaus Pflanzenanatomie
Ray F. Evert
de Gruyter, 2009
[6] Anatomy of the Dicotyledons
Metcalfe and Chalk, Oxford Press 1950
Vol 2, S. 899 ff; Oleaceae
[7] Jasminum nudiflorum in der deutschen Wikipedia
Zuletzt Abgerufen am 22.02.2024
Bildquellen
- Bild 1: Spross mit Blättern des Winter-Jasmins
Aus Wikipedia, User Pancrat, CC BY-SA 3.0
- Bild 4: Blüte und Blätter am Ende der Blütezeit
Aus Wikipedia, User Wildfire, CC BY-SA 2.5
- Alle anderen Aufnahmen vom Autor des Artikels
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