Tümpeln am Melbweiher 2023
Bild 1: Entnahme von Schöpfproben am Ufer des Melbweihers
Bonn, der 17.08.2023
Auch in diesem Jahr traf sich das Mikroskopische Kollegium mit einigen spontanen Gästen zum sommerlichen Tümpeln am Melbweiher vor dem Poppelsdorfer Schloss in Bonn. Nach dem gemein- samen Sammeln der Wasserproben wurde dies- mal in neuem Ambiente mikroskopiert. Da das Steinmann Institut in den kommenden Jahren saniert wird, können die Veranstaltungen dort aktuell nicht stattfinden. Unser neues Domizil für die monatlichen Veranstaltungen befindet sich nun im Poppelsdorfer Schloss selbst.
Der Begriff Tümpeln ist eigentlich nur in der Amateurmikroskopie verbreitet. "Wissenschaftlich korrekt“ umschreibt der Begriff Tümpeln die Liebe zum Sammeln von Wasserproben verbunden mit der anschließenden Beobachtung der Proben unter dem Mikroskop. Die Liebhaber der Wasserorganismen interessieren sich vor allem für die mit dem bloßen Auge meist nicht mehr sichtbaren Kleinlebewesen, das so genannte Mikrozoobenthos, Organismen mit Größen unter einem Millimeter. Die Ausrüstung des „Tümplers“ im Feldeinsatz besteht aus einem tragbaren Durchlichtmikroskop mit Spiegel oder batteriebetriebener Beleuchtung. Eine Taschenlampe tut es auch. Als Low-Tech Kamera dienen heutzutage gerne Adapter um das Handy mit Kamera am Okular zu befestigen. Mikroskope schweren Kalibers, die dann auch ausgestattet sind mit hochwertiger Optik und professionaller Fotoausstattung, werden beim Feldeinsatz zuhause bleiben. Der Umzug in das Poppelsdorfer Schloss überraschte: Der neue Seminarraum ist an jedem Sitzplatz ausgestattet mit Labormikroskopen vom Typ Axiolab für Durchlicht und Polarisation. So müssen die eigenen transportablen Mikroskope nicht mehr mitgebracht werden, der Auf- und Abbau zusätzlich angebotener Mikroskope für die Gäste entfällt, wenn Durchlichtmikroskopie auf dem Programm steht.
Impressionen von der Probenahme
In den vorangegangenen Jahren fand man im Melbweiher teils massenhaftes Auftreten des blaugrünen Trompetentiers (Stentor coeruleus). Diese Art fand sich heuer jedoch nicht in den Proben. Die Fauna und Flora war heuer nicht artenreich, aber interessant. Auf den fädigen Grünalgen der Gattung Spirogyra fanden sich zum Teil andere Grünalgen oder Kieselalgen als Aufsitzer. Kleinkrebse (Daphnia) sind ebenfalls typische Bewohner der Stillgewässer in den veralgten Randbereichen und Freiwasserzonen. Die einzelligen Wimpertiere waren unter anderem durch zwei mittelgroße Arten der Gattung Spirostomum vertreten, die mit knapp 0,7 mm Länge zu den größten Ciliaten überhaupt gehören. Nur der Einzeller Spirostomum ambiguum mit bis zu 4 mm ist noch größer. Einer der beiden Autoren dieses Beitrags interessiert sich für diese Arten besonders, denn sie sind Gegenstand eines aktuellen Forschungsprogramms. Diese Bakterienfresser finden sich meist nahe sich zersetzendem Pfanzenmaterials, wo Bakterien in großen Mengen zu finden sind und durch schwefligen Geruch auf sich aufmerksam machen. Die Proben mit nach Hause zu nehmen und über Wochen zu beobachten lohnt immer. Auch das berühmte Pantoffeltier (Paramecium caudatum) ist im Melbweiher beheimatet, es fand sich jedoch erst in den älteren Proben ein. Von den berühmten Pantoffeltierchen sind inzwischen über 15 verschiedene Arten beschrieben. Nach ca. 1-2 Wochen wird sich der Bakterienfresser als häufigster Vertreter in den Proben einstellen. Seine Überlebensstrategie ist eine hohe Vermehrungsrate. Mehrmals am Tag kann sich diese Pantoffeltierchen Art teilen, falls die Bedingungen stimmen. Zu dieser Zeit finden sich nun auch die ersten Süßwasserpolypen in den Probengläsern, wie Hydra viridissima. Die grüne Hydra ernährt sich von Kleinkrebsen, die sie mit ihren mit Nesselzellen besetzten Tentakeln betäubt und anschließend verspeist.
Impressionen aus unserem neuen Kurssaal im Poppeldorfer Schloss
Der Poppelsdorfer Weiher im Park des Botanischen Gartens der Uni Bonn wird vom Engelbach, der auch Melbbach genannt wird, gespeist. Der Bach fließt vom Kottenforstplateau durch das Melbtal zum Rhein. In Poppelsdorf ist er verrohrt, er tritt aber im Park wieder zutage. Bei der Probenahme an der Brücke zur Poppelddorfer Allee fiel auf, dass hier die Unterwasserpflanzen wie z.B. Hornkraut und Wasserpest stark von Fadenalgen umsponnen waren. Dies es zeigte eine starke Eutrophierung an, die aufgrund einer Belastung mit Düngesalzen das Algenwachstum fördert. Eine Messung der elektrischen Leitfähigkeit lieferte einen Wert von 550 µSiemens/cm, der typisch für eutrophe (nährstoffreiche) Weiher ist. Viele Pflanzennährstoffe waren von Makrophyten (größeren Unterwasser-, Schwimmblatt- und Uferpflanzen) und von Planktonalgen im Frühsommer aufgenommen und dem Wasser entzogen worden. Die mit Planktonnetzen genommenen Proben zeigten eine geringe Phytoplanktonentwicklung an, das Wasser war nicht grün gefärbt sondern klar. Ein solches „Klarwasserstadium“ ist typisch für den Sommeraspekt kleiner stehender Gewässer. Nach „Algenblüten“ im Frühjahr, die das Wasser grün färben, folgen Massenentwicklungen von filtrierenden Kleinkrebsen wie z.B. Daphnien, die durch das sog. „grazing" die mikroskopisch kleinen Grünalgen abweiden. Unsere Planktonfänge konnten im Mineralogischem Institut im Poppelsdorfer Schloss mikroskopiert werden. Sie wiesen wenig Grünalgen, aber viele kleine Daphnienarten auf. Größere Daphnien wie z.B. Daphnia magna konnten nicht festgestellt werden, vielleicht waren sie als erste zur Nahrung der Fische geworden.
Bilder von einigen unserer Funde