Visualisierung von Magnetfeldern im Mikroskop
Dr. Horst Wörmann,
vom 30.10.2021,
Magnetfelder an sich sind natürlich nicht sichtbar - aber man kann sie indirekt sichtbar machen, sowohl makroskopisch durch den bekannten Schulversuch mit Eisenfeilspänen und Hufeisenmagnet als auch im Mikroskopischen, wie nachfolgend gezeigt werden soll.
Die physikalischen Hintergründe sind komplex; für eine tiefergehende Erklärung sei auf die Literatur verwiesen. Hier soll die mikroskopische Anwendung im Vordergrund stehen, deshalb möge man mir eine vielleicht allzu starke Vereinfachung nachsehen.
Im kommenden beschreibt Teil 1 ein magnetooptisches Verfahren und Teil 2 den Magnetfeldnachweis mit ferromagnetischen Flüssigkeiten.
Artikelinhalt
Wechselwirkung von Magnetfeldern mit elektromagnetischer Strahlung
Es verwundert nicht, dass Licht als elektromagnetische Strahlung mit einem Magnetfeld wechselwirkt: durch ein internes oder extern angelegtes Magnetfeld wird ein ein Material
doppelbrechend gemacht. Das kann man sowohl im Auflicht als auch im Durchlicht beobachten.
Abbildung 1: Wechselwirkung von polarisiertem Licht mit Materie. Reflektion: Kerr-Effekt, Transmission: Faraday-Effekt. M: Magnetfeld (out-of-plane), E: eingestrahltes Licht mit der Polarisationsebene in Pfeilrichtung, f(K) Kerr-Winkel, f(F) Faraday-Winkel
Auflicht: Magnetooptischer Kerr-Effekt
Der Kerr-Effekt ist nach seinem Entdecker John Kerr (1824 - 1907) benannt.
Bei der Reflektion von polarisiertem Licht an einer magnetischen Probe wird die Polarisationsebene des reflektierten Lichts um den Kerr-Winkel f(K) gedreht, wobei die Richtung von der Ausrichtung des Magnetisierungsvektors M abhängig ist, der Betrag von der Feld-stärke und vom Material (Magnetooptischer Kerr-Effekt, MOKE, nicht zu verwechseln mit dem elektrooptischen Kerr-Effekt!). Der Drehwinkel ist sehr klein und mit dem üblichen Polarisationsmikroskop praktisch nicht zu beobachten. Man braucht sehr leistungsfähige Polarisationsfilter mit hohem Kontrast und ein sehr starkes Magnetfeld. Trotzdem wurde der Kerr-Effekt kommerziell für die Datenspeicherung eingesetzt: die Magnetooptische Diskette (MOD).
Für den Hobbymikroskopiker ist der MOKE kaum nutzbar.
Durchlicht: Magnetooptischer Faraday-Effekt
Der Faraday-Effekt tritt beim Durchgang von Licht durch ein transparentes Medium auf. Die meisten dielektrischen Materialien (einschließlich Flüssigkeiten) zeigen den Faraday-Effekt, wenn sie einem starken magnetischen Feld ausgesetzt werden. Wie beim Kerr-Effekt ist die Drehung der Polarisationsebene um so größer, je stärker die magnetische Flußdichte ist, und die Drehrichtung ist von der Feldrichtung abhängig. Das ist nicht zu verwechseln mit der Drehung der Polarisationsebene in optisch aktiven Medien, ohne ein Magnetfeld. Bei Spiegelung des austretenden Lichts wird hierbei aber die Drehung rückgängig gemacht, während beim Faraday-Effekt der Drehwinkel verdoppelt wird: die Lichtwelle läuft dem Magnetfeld entgegen.
Abbildung 2: Polarisationsdrehung aufgrund des Faraday-Effektes. E: einfallendes polarisiertes Lichtung mit dem Feldvektor E, B magnetische Flußdichte in Ausbreitungsrichtung, d Länge des transparenten Materials mit der Verdet-Konstante v, b Faraday-Winkel (Quelle: Wikipedia, Faraday-Effekt)
Der Drehwinkel b ist proportional zur magnetischen Flussdichte B und zur durchstrahlten Länge d:
b = V * d * B
Der Proportionalitätsfaktor V ist die Verdet-Konstante, eine Materialkonstante, die allerdings wellenlängenabhängig ist. Sie ist für Glas und Quarz sehr gering, weshalb der Effekt an diesen Materialien mit unseren Mitteln nicht messbar ist. Es gibt jedoch exotische Materialien mit einer vergleichsweise hohen Verdetkonstante, die zur Realisierung von Magnetfeldsensoren nach diesen Prinzip geeignet sind.
Magnetooptische Sensoren auf Basis des Faraday-Effekts
Für magnetoopische Sensoren auf Basis des Faraday-Effekts müssen wir uns magnetooptische Schichten und Domänenstrukturen genauer ansehen.
Magnetooptische Schichten
Gegenüber den genannten transparenten Materialien haben einkristalline Granatschichten hohe Verdet-Konstanten (Tabelle 1, aus [1]).
Abbildung 3: Faraday-Sensor und Magnetfeld Der Faraday-Winkel b verdoppelt sich, weil die magnetooptische Schicht zweimal durchstrahlt wird (2*d). (Mit freundlicher Genehmigung durch Matesy GmbH)
Tabelle 1: Verdet-Konstanten
Das für den magnetooptischen Sensor verwendete Material ist ein Bismut-substituiertes Seltenerd-Eisengranat der Stöchiometrie (Bi,SE)3(Fe,Ga)5O12. Solche Granatschichten werden mittels der Flüssigphasenepitaxie auf großen Gadolinium-Gallium-Granat-Substraten (GGG, (Gd3Ga5O12) ) abgeschieden. Durch Einkristallinität und geringe Kristalldefektdichte können hochwertige magnetooptische Schichten gewährleistet werden. Sie sind ferromagnetisch und transparent, kristallographisch orientiert am Kristallgitter des Substrats. Das GGG-Substrat selbst ist ebenfalls optisch transparent, gewährleistet die korrekte Granat-Struktur für das Aufwachsen der magnetooptischen Schicht und weist eine niedrige Verdet-Konstante auf.
Abbildung 4: Sensor-Aufbau (Mit freundlicher Genehmigung durch Matesy GmbH)
Unterhalb der magnetooptischen Schicht (MO-Schicht) wird eine spiegelnde Aluminium-Lage aufgebracht; wegen der doppelten Durchstrahlung der Schicht wird die Empfindlichkeit deutlich verbessert (s. Abb. 4). Diese wird vor Zerkratzen geschützt durch eine harte Saphir-Deckschicht als Unterseite. Der Sensor wird nur oberflächlich an die Probe an gedrückt, das Verfahren ist also vollkommen zerstörungsfrei.
Die Sensoren werden in verschiedenen Abmessungen (8x8 bis 45x60 mm) und Empfindlichkeiten hergestellt. Der hier verwendete Sensor der Firma Matesy GmbH [2] ist ein 8x8x0,5 mm großes Plättchen, Typ A, 2 mT, Domänentyp Mäander, out-of-plane-Anisotropie.
Die Domänen-Struktur
Nach dem vorstehend erläuterten Faraday-Prinzip erwartet man nun im Auflicht-Polarisationsmikroskop eine homogene Oberfläche des Sensors, abhängig von der Feldstärke und -richtung in unterschiedlicher Helligkeit.
Stattdessen ergibt sich auch ohne externes Magnetfeld ein überraschend komplexes, strukturiertes Bild - mal Blasen, mal Mäander, je nach Sensor-Typ:
Abbildung 5: Blasendomänen Matesy GmbH, CC BY-SA 3.0 , via Wikimedia Commons
Diese Struktur ist die Folge lokaler Ordnungsprozesse der magnetischen Momente der Atome in der ferromagnetischen Sensorschicht. Die magnetischen Momente werden auch ohne äußeres Magnetfeld in begrenzten Bezirken parallel ausgerichtet, wobei sich die Richtung am Kristallgitter orientiert. Diese Bereiche sind die Weiss-Bezirke, auch Domänen genannt. Die Grenzen zwischen den Domänen sind Bloch-Wände.
Abbildung 6: Mäanderdomänen Matesy GmbH, CC BY-SA 3.0 , via Wikimedia Commons
Aufgrund der Kristallstruktur des Yttrium-Eisen-Granats ist die Magnetisierungsrichtung in benachbarten Domänen antiparallel ausgerichtet, sie erscheinen deshalb im polarisierten Licht abwechselnd hell und dunkel (Bild 5 und 6). Wegen der gezielt gerichteten Aufwachsung auf dem Substrat kann deshalb ein Mäander- oder ein Blasensensor hergestellt werden (stellt man sich einen Querschnitt durch die Mäanderstruktur vor, ergibt sich die Blasenform).
Abbildung 7: Dieselbe Sensorfläche bei unterschiedlichen Analysator-Stellungen Mittleres Bild: Analysator in Auslöschungsstellung 90°: gleiche Helligkeit benachbarter Domänen. Linkes und rechtes Bild: Analysator auf die angegebenen Winkel verdreht: benachbarte Domäne sind mal hell, mal dunkel: gleicher Betrag der Faraday-Drehung, aber entgegen-gesetzte Feldrichtung und damit gegensätzliche Drehung der Polarisationsebene.
Beim Mäander-Sensor ist die Magnetiserungsrichtung parallel zur z-Achse: out-of-plane. Dieser Sensortyp spricht deshalb nur auf die Feldkomponente in der z-Achse an, der Blasen-Typ nur auf die x,y-Komponenten (in-plane), was zum Verständnis der nachfolgenden Bilder wichtig ist.
Bei der Überlagerung eines äußeren Magnetfeldes verschieben sich die Wände, die günstig orientierten Domänen vergrößern sich auf Kosten der Nachbardomänen. Bei weiterer Feldsteigerung dreht die Magnetisierung in die Richtung des Feldes hinein, bis sie schließlich mit der Richtung des äußeren Magnetfeldes übereinstimmt und dadurch Sättigung erreicht wird (siehe Abb. 10: die Faraday-Rotation nimmt ab +/- 1 kA/m nicht mehr zu).
Abb. 8 zeigt diesen Effekt: der Sensor ist auf einer Spule mit großem Eisenkern platziert, deren Feldlinien senkrecht zur Sensorfläche (out of plane) verlaufen. Lässt man den Spulenstrom in 0,5-mA-Schritten steigen (siehe linke obere Ecke) und erhöht damit die Feldstärke, kann man die wechselseitige Veränderung der Domänengrössen direkt beobachten.
Abbildung 8: Bilder des Sensors bei steigendem magnetischem Fluß in Z-Richtung. Der Spulenstrom ist links oben angegeben
Die Ummagnetisierung verläuft nicht stetig, was man über eine Spule mit Verstärker und Lautsprecher sogar hörbar machen kann: ein prasselndes Geräusch entsteht (Barkhausen-Effekt [4]).
Lässt man das Magnetfeld wieder abnehmen, so werden die Wandverschiebungen wieder rückgängig gemacht, jedoch nur zum Teil. Das bedeutet, dass nicht alle Weißschen Bezirke in ihrer ursprünglichen Größe und Orientierung wiederhergestellt werden. Daher bleibt auch nach Abschalten des Feldes eine remanente Magnetisierung erhalten (Hysterese). Aus diesem Grund sind die Kalibrierkurven in Abbildung 10: Kalibrierkurve des Sensors (Typ A, Hersteller Matesy GmbH) bei Richtungsumkehr des Magnetfeldes nicht deckungsgleich [4].
Nichtmagnetische Einschlüsse oder Gitterfehler der Kristallstruktur verursachen „pinning“ (Anhaften) der Domänenwände. Bei steigender Feldstärke reißt die Domänenwand schließlich ab, wie in Abb. 9 skizziert und im animierten Abb. 8 an mehreren Stellen zu beobachten („Depinning“).
Abbildung 9: Depinning einer Domänenwand (Quelle Wikipedia engl,. Stichwort Domain wall, Denkwürdig~commonswiki)
Die Sichtbarmachung von magnetischen Domänen gelang 1932 erstmals Francis Bitter, indem er mikrometergroße Fe2O3-Teilchen in einer Suspension auf die zu untersuchende Oberfläche brachte [5]. Diese sammeln sich im Streufeld an den Orten des größten magnetischen Feldgradienten - den Domänenwänden. Diese Methodik wird in Kapitel 5: Magnetofluide beschrieben.
Abbildung 10: Kalibrierkurve des Sensors (Typ A, Hersteller Matesy GmbH) Kalibrierkurve des Sensors: die Ordinate ist die Faraday-Drehung in Abhängigkeit von der magnetischen Feldstärke H. Wegen der oben erwähnten Hysterese wird bei Umkehr der Feldrichtung nicht die gleiche Kurve durchlaufen. Im Bereich -1 bis +1 kA/m ist die Kurve aber annähernd deckungsgleich und linear.
Visualisierung magnetischer Strukturen mit dem Faraday-Sensor
Wie werden magnetische Felder nun mit einem oben beschriebenen Faraday-Sensor dargestellt? Im folgenden schauen wir uns einige Beispiele an.
Magnetfeld an einem stromdurchflossenen Draht
In einem einfachen Versuch kann man die oben beschriebenen Effekte nachweisen. Abb. 11 links zeigt den zwischen zwei Schrauben gespannten Draht mit einem Durchmesser von 0,2 mm, das kleine quadratische Plättchen ist der Sensor, in Abb. 11 rechts das Bild des Sensors im Auflicht-Pol. Der Sensor liegt auf dem senkrecht in der Mitte verlaufenden Draht auf.
Nach Filterung der störenden Mäanderstruktur (ImageJ, Gaussian Blur-Filter) kann man den Helligkeitsgradienten ausmessen und wie in Abb. 12 darstellen.
Die magnetische Flussdichte B in Abhängigkeit von der Drahtmitte wird aus der Stromstärke J und dem Drahtradius r berechnet (Formel 1). Die Konstante m ist die magnetische Permeabilität, cos (a) siehe Skizze 11d.
Abbildung 11a: Vorrichtung zur Messung des Magnetfeldes an einem Draht
Abbildung 11b: Bei Stromdurchfluß (1 A) zeigt der Sensor einen Helligkeitsgradienten
Zu berücksichtigen ist, dass der Sensor wegen der out-of-plane-Orientierung der Domänen nur auf die z-Komponente des Magnetfelds reagiert, wie oben ausgeführt; deshalb Bz(x).
Abbildung 11c: Verlauf der Helligkeit über die x-Achse (blau) und berechnete magnetische Flußdichte (rot)
Formel (1) ergibt sich aus einfachen geometrischen Beziehungen:
Abbildung 11d: Grafische Darstellung. Dabei ist Bz(x) die z-Komponente des Feldes B, r der Drahtradius, J die Stromstärke und x die Entfernung vom Drahtmittelpunkt. Im Bild rechts ist die Helligkeit entsprechend angedeutet, der Kreis ist der Draht, der allerdings auf dem Sensors aufliegend gezeichnet sein sollte. m0 ist die magnetische Suszeptibilität. (Entnommen aus [5])
Damit ist die Möglichkeit gegeben, das System zu kalibrieren: die Helligkeit ist eine Funktion der magnetischen Flussdichte; deshalb kann umgekehrt die Flussdichte ortsabhängig über die Helligkeit bestimmt werden. In Abb. 11c sind gemessene und berechnete Kurven nicht deckungsgleich, denn statt der Helligkeit muss die eigentlich die Faraday-Rotation aufgetragen werden; diese wäre aber aus dem Gesetz von Malus leicht zu berechnen. Korrekt wäre die direkte Messung der Faraday-Rotation und die Berechnung der magnetischen Flussdichte aus der Kalibrierkurve Abbildung 10.
Magnetische Strukturen auf Banknoten
Der Anlass meiner Beschäftigung mit magnetooptischen Verfahren war die Behauptung, dass auf Banknoten magnetische Druckfarben verwendet werden, die aber mit meinen herkömmlichen Mitteln nicht sichtbar zu machen waren. Das gelang jetzt mit dem Magnetsensor, und so wurde z.B. die magnetische Druckfarbe in der Seriennummer sichtbar. In Abb. 12 sind grobe und feine magnetische Partikel in der Druckfarbe zu erkennen, die offensichtlich in die schwarze Grundfarbe eingemischt sind.
Nähere Untersuchung der Banknoten ergab, dass auch der Sicherheitsstreifen magnetisch codiert ist. Man findet Felder drei unterschiedlicher Längen, deren Abfolge den Wert der Banknote angibt (Abb. 13). Überraschender Nebeneffekt: mit dem Sensor ist erkennbar, dass diese Felder ihrerseits eine Feinstruktur aufweisen, die nicht zufällig sein kann (Abb. 14). Es gibt keinerlei Hinweise in der Literatur darüber, ein streng geheimes Sicherheitsmerkmal. Näheres im Artikel „
Mikroskopische Streifzüge auf Banknoten“ hier auf unserer Webseite.
Abbildung 12: Grobe, magnetische Partikel in der Druckfarbe der Seriennummer auf einer Banknote, sichtbar gemacht durch den Faraday-Sensor unter dem Mikroskop.
Abbildung 13: Euro-Banknote - Magnetische Markierung auf dem Sicherheitsstreifen. Die Breite der Markierungen entspricht der des Sicherheitsstreifens (1,5 mm), die Längen sind 1,6 mm, 3,45 mm und 7 mm.
Abbildung 14: Euro-Banknoten - Feinstrukturen in den magnetischen Bereichen auf dem Sicherheitsstreifen. Bereiche derselben Länge, aber auf unterschiedlichen Banknoten desselben Wertes zeigen eine abweichende Feinstruktur der Magnetisierung.
Magnetische Codierung auf Scheckkarten
Auf Kreditkarten, EC-Karten, Parkkarten etc. findet man braune bis schwarze Streifen aus magnetisierbarem Material, auf denen bestimmte Informationen magnetisch codiert sind. Auch diese können magnetooptisch sichtbar gemacht werden:
Abbildung 15: Magnetspuren auf Scheckkarten. Links: neue Karte, rechts: Karte mit starken Gebrauchsspuren.
Abbildung 16: Die Magnetspur in voller Länge kodiert die Kontonummer des Autors
Abbildung 17: Feldlinien, MO-Sensor und Auslesen mit Magnetkopf
Die Magnetisierung auf den Magnetstreifen ist relativ hoch, der Sensor wird teilweise gesättigt. Abb. 17 zeigt den Verlauf der Feldlinien*): an den Grenzen N/N und S/S treten die Feldlinien senkrecht aus; die Feldkomponente senkrecht zum Sensor ist hier maximal, aufgrund der starken Magnetisierung ist der Sensor gesättigt und zeigt keine Domänen. Zwischen Nord- und Südpol (S/N, N/S) ist die Feldkomponente parallel zum Sensor gerichtet, daher sind kleine Domänen als Übergang sichtbar.
*) Streng genommen gibt es keine Feldlinien; das Magnetfeld verhält sich aber gelegentlich so, als ob es welche gäbe. „Feldlinien“ sind ein Modell.
Magnetische Tonaufzeichnung
Abb. 18 zeigt einen Ausschnitt aus einem Vierspur-Tonband, oben bespielt mit einem übersteuerten 1000-Hz-Ton, unten ein Musik-Signal. Man erkennt die unterschiedlich starke Magnetisierung, abhängig von Lautstärke bzw. Aussteuerung. Die Periodendauer eines solchen 1000-Hz-Signals kann man sehr genau messen. Damit ist es möglich, auch die Bandgeschwindigkeit genau zu bestimmen, indem man eine bestimmte Periodenzahl abzählt.
In Abb. 19 entspricht die Länge der weißen Markierung genau 54 Perioden mit einer Dauer von je 1 ms, folglich entspricht die Strichlänge 54 ms.
Abbildung 18: Vierspur-Tonband. Oben 1000-Hz-Signal aufgespielt, unten Musik
Abbildung 19: Bandgeschwindigkeitsmesung mit Hilfe eines 1000-Hz-Signals. Oben: 1000-Hz-Signal, unten 500 Hz.
Die Länge kann man im Bild nach Kalibrierung mit einem Objektmikrometer exakt ausmessen, hier sind es 2488 µm. Die Bandgeschwindigkeit ist demnach 2488 µm/54 ms = 4,607 cm/s, etwas weniger als die Sollgeschwindigkeit 4,75 cm/s.
Magnetische Datenaufzeichnung: Diskette
Auch die Magnetspuren einer alten 3,5“-Diskette sind mit dem Sensor zu erkennen (Abb. 20), rechts im Bild der jeweilige Sektoranfang. Hier zeigt sich schon deutlich die Auflösungsgrenze des Sensors.
Abbildung 20: 3,5 Zoll -Diskette: Magnetspuren der digitalen Aufzeichnung
Bei den heute üblichen Festplatten hat man dagegen keine Chance: das Aufzeichnungsprinzip ist ein anderes, die Strukturen liegen unterhalb der Auflösungsgrenze des Mikroskops.
Magnetische Mineralien
Die Visualisierung magnetischer Mineraleinschlüsse in Gesteinsanschliffen oder auch Meteoriten mithilfe des magnetooptischen Verfahrens ist bekannt und häufig angewandt. Näheres dazu möge den Experten vorbehalten sein, z.B. dem aus dem Mikroskopie-Forum wohl bekannten „hugojun“:[8], im „Meteorite-Mineralien-Gold-Forum“, weitere Literatur siehe [9].
Visualisierung von Magnetfeldern mit Magnetfluids
Naheliegend ist ein Versuch, Magnetfelder mit Eisenfeilspänen oder besser mit Eisenpulver nachzuweisen:
Abbildung 21: Magnetpulver auf Kreditkarte (Eisen gepulvert, reinst, 150 µm Korngröße, Merck 3800)
Abb. 21 zeigt nur Andeutungen einer magnetischen Struktur, das verwendete Eisenpulver ist mit 150 µm Korngröße viel zu grob.
Ausgehend von den Bitter’schen Versuchen bieten sich aber Ferrofluide als Sensormaterial an. Das sind Flüssigkeiten mit kolloidal suspendierten magnetischen Partikeln, die mit 5 - 10 nm Korngröße noch unter dem Auflösungsvermögen des Lichtmikroskops liegen. Die Partikel werden in der Regel mit einer
polymeren Oberflächenbeschichtung stabilisiert. Echte Ferro-fluide sind stabile
Dispersionen: die festen Teilchen setzen sich nicht mit der Zeit ab und lagern selbst in extrem starken Magnetfeldern nicht aneinander an. Ferrofluide sind billig und leicht erhältlich, 10 ml etwa 10 EUR (sie bieten noch viele andere schöne Möglichkeiten zum Spielen,, eine Internetrecherche lohnt!).
Die Suspension ist sehr viskos und muss vor Anwendung etwa 1:10 mit Benzin verdünnt werden. Beim Auftropfen auf z.B. eine Magnetspur verdunstet das Lösungsmittel schnell, und im streifenden Licht erkennt man alsbald ein Streifenmuster:
Das Bild beeindruckt durch kontrastreiche, scharfe Streifen der Magnetpartikel, unterscheidet sich aber grundsätzlich vom Bild des Magnetsensors. In Abb. 23 wurde der Sensor auf die Scheckkarte mit dem Magnetfluid aufgelegt; die Eisenpartikel sammeln sich an den Stellen mit dem höchsten Feldgradienten, während der Sensor die lokale Feldstärke anzeigt. Abb. 24 verdeutlicht den Unterschied, vgl. Abb. 17.
Abbildung 22: Magnetfluid auf Scheckkarte
Abbildung 23: Vergleich: oben Magnetfluid, unten ist der Sensor aufgelegt
Abbildung 24: Die Magnetpartikel sammeln sich an den Stellen mit dem höchsten Feldgradienten, der Sensor bildet Feldstärke und Feldrichtung ab.
Bewertung der beiden Methoden
Magnetsensoren
- Zeigt anschaulich die Feldstärke und Polarität an
- Nach Kalibrierung ist die Feldstärke messbar
- Sensor wird nur auf die Probe aufgelegt, keine Veränderung oder Kontamination der Probe
- Teuer – Preis entspricht dem eines einfachen Objektivs
- Geringe Auflösung wegen der Mäander-Struktur beim Sensor-Typ A*)
- Auflicht-Pol-Mikroskop mit drehbarem Analysator zwingend erforderlich
*)Die Matesy-Sensoren Typ B und C haben Jitterdomänen. Das sind großflächige Domänen, bei denen nur noch die Blochwände zu sehen sind. Werden magnetische Strukturen damit visualisiert, gibt es meist gar keine Bildartefakte mehr, da die Blochwände vom Probenstreufeld weggeschoben werden. Dafür haben B und C deutlich geringere Empfindlichkeiten [2].
Magnetfluid
- Hohe Auflösung
- Zeigt nur Positionen maximaler Feldstärkegradienten an, Ergänzung zum Sensor!
- Sehr billig
- Nur Auflichtmikroskop erforderlich, kein Pol
- Probe wird mit öliger Suspensionsflüssigkeit kontaminiert
- Polarität wird nicht angezeigt, kein Verlauf des Feldes, nicht kalibrierbar
- Für niedrige Feldstärken nicht geeignet (Banknoten!)
Abbildungsverzeichnis
Abb 1: Wechselwirkung von polarisiertem Licht mit Materie
Abb 2: Polarisationsdrehung aufgrund des Faraday-Effektes
Aus Wikipedia, von Bob Mellish, gemeinfrei
Abb 3: Faraday-Sensor und Magnetfeld
Mit freundlicher Genehmigung durch Matesy GmbH
Abb 4: Sensor-Aufbau
Mit freundlicher Genehmigung durch Matesy GmbH
Abb 5: Blasendomänen
Quelle: Matesy GmbH, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons
Abb 6: Mäanderdomänen
Quelle: Matesy GmbH, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons
Abb 7: Dieselbe Sensorfläche bei unterschiedlichen Analysator-Stellungen
Eigene Aufnahme
Abb 8: Bilder des Sensors bei steigendem magnetischem Fluß in
Z-Richtung
Eigene Aufnahme
Abb 9: Depinning einer Domänenwand
Quelle Wikipedia engl,. Stichwort Domain wall,
Denkwürdig~commonswiki, CC BY-SA 3.0
Abb. 10: Kalibrierkurve des Sensors (Typ A, Hersteller Matesy GmbH)
Quelle: Matesy GmbH
Abb. 11a: Vorrichtung zur Messung des Magnetfeldes an einem Draht
Eigene Aufnahme
Abb. 11b: Bei Stromdurchfluß (1 A) zeigt der Sensor einen
Helligkeitsgradienten
Eigene Aufnahme
Abb. 11c: Verlauf der Helligkeit über die x-Achse (blau) und
berechnete magnetische Flußdichte (rot)
Eigene Aufnahme
Abb. 11d: Grafische Darstellung
Aus [5] Spectroscopy of Lanthanide Complexes
Abb. 12: Euro-Banknote - Teil der Seriennummer
Eigene Aufnahme
Abb. 13: Euro-Banknote - Magnetische Markierung auf dem
Sicherheitsstreifen
Eigene Aufnahme
Abb. 14: Abbildung 14: Euro-Banknoten - Feinstrukturen in den
magnetischen Bereichen auf dem Sicherheitsstreifen
Eigene Aufnahme
Abb. 15: Magnetspuren auf Scheckkarten
Eigene Aufnahme
Abb. 16: Magnetspuren auf Scheckkarten, Kontonummer
Eigene Aufnahme
Abb. 17: Feldlinien, MO Sensor uns Auslesen mit Magnetkopf
Eigene Aufnahme
Abb. 18: Vierkanaltonband mit 1000 hz Ton und Musik
Eigene Aufnahme
Abb. 19: Vierkanaltonband mit 1000 Hz und 500 Hz Ton
Eigene Aufnahme
Abb 21: Magnetpulver auf Kreditkarte
Eigene Aufnahme
Abb. 20: 3,5 Zoll -Diskette: Magnetspuren der digitalen Aufzeichnung
Eigene Aufnahme
Abb. 21: Magnetpulver auf Kreditkarte
Eigene Aufnahme
Abb. 22: Magnetfluid auf Scheckkarte
Eigene Aufnahme
Abb. 23: Vergleich: oben Magnetfluid, unten ist der Sensor aufgelegt
Eigene Aufnahme
Abb. 24: Die Magnetpartikel, Sensor und Feldrichtung
Eigene Aufnahme
Literatur und Quellen
- N.N. www.researchgate.net/figure/Verdet-constants-of-various-MO-Materials_tbl1_325751003. [Online] [Zitat vom: 05. 10 2021.]
- https://www.matesy.de/de/produkte/materialien/mo-sensoren-magnetooptik. [Online]
- www.innovent-jena.de .
- Stierstadt, Klaus. Der magnetische Barkhausen-Effekt. In: Springer Tracts in Modern Physics, Vol. 40, pp. 2-106 (1966).
- Gerthsen, Ch. und Kneser, H.O. Physik. 9. Aufl. s.l. : Springer, 1966. S. 246 (III$59).
- Bitter, Francis. Experiments on the Nature of Ferromagnetism. Phys. Rev. 41, 1932, 4, S. 507-515.
- Arakelyan, S., et al., et al. Direct current imaging using a magneto-optical sensor. Sensors and Acuators A 238(2016)397-401. 2016.
- "hugojun". https://www.jgr-apolda.eu/index.php?PHPSESSID=ecf5a4l5einqvj3rhup49i599s&topic=12969.msg154314#msg154314. [Online] 06. 01 2021. [Zitat vom: 10. 10 2021.]
- Bobyl, A. V., Y. Y. Podladchikov, H. Austrheim, B. Jamtveit, T. H. Johansen, and D. V. Shantsev. Magnetic fieldvisualization of magnetic minerls and grain boundary regions using magneto-optical imaging. J. Geophys. Res., 112, B04105. doi:10.1029/2006JB004305, 2007.
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