Der Wedel der Zwerg-Dattelpalme (Phoenix roebelenii)
Bild 1: Eine mehrstämmige Zwerg-Dattelpalme in einem Vorgarten
Jörg Weiß, vom 25.01.2016,
erweitert am 13.02.2016
von Horst Wörmann
und Jörg Weiß
Januar ist Palmenzeit! Letz- tes Jahr war die Goldfrucht-Palme (Dypsis lutescens) an der Reihe, diesmal hatte ich die zierliche Zwerg-Dat- telpalme (Phoenix roebe- lenii) unter dem Messer und in den Farbtöpfen.
Die Palme wird oft in den Pflanzenabteilungen großer Märkte und auch im Pflan- zenhandel angeboten und steht nun bei uns im Bad, wo sie die Goldfruchtpalme abgelöst hat. Ich durfte einen Wedel abschneiden und die Ergebnisse meiner Arbeit möchte ich im Folgenden vorstellen.
Artikelinhalt
Informationen zur Zwerg-Dattelpalme
Die Zwerg-Dattelpalme (Phoenix roebelenii) aus der Familie der Palmen- gewächse (Arecaceae) ist eine in Südostasien heimische Palmenart, die wegen ihrer niedrigen Wuchsform bei uns häufig als Zierpflanze Verwendung findet. Die Art wurde 1889 erstmals von dem britischen Botaniker James O'Brien beschrieben. Er benannte sie nach dem Orchideenjäger Carl Roebelen (1855-1927), der die ersten Exemplare der Art in Laos gesammelt hatte.
Phoenix roebelenii kommt im Norden von Laos (Nam Ou-Tal), Vietnam (Nähe von Lai Châu, Lai Châu) und im Süden von China (Xishuangbanna-Region in Yunnan) vor. Dort ist sie häufig an den Ufern des Mekong zu finden. Dabei bevorzugt sie feuchte Standorte und man findet sie auch in Bereichen, die zumindest zeitweise überflutet sind.
Bild 2: Unsere Pflanze, von der die Proben stammen
Die bogigen Wedel werden 1 bis 1,5, selten 2 m lang. Davon entfallen bis zu 50 cm auf den Pseudostiel. Dort stehen paarig oder einzeln bis zu 12 orange-grüne Akanthophylle (zu Dornen umgewandelte Fiederblättchen, hier Fiederdornen) von bis zu 8 cm Länge. Die Blattscheide ist rötlich braun und faserig. Die linealischen, tief grünen und bis 40 cm langen und 1,2 cm breiten Fiederblättchen stehen regelmäßig und gegenständig, zu 25 bis 50 an jeder Seite der Rhachis.
Bild 3: Ausgewachsene männliche Zwerg-Dattelpalme mit Blütenständen
Die Art ist wie alle Dattelpalmen zweihäusig getrenntgeschlechtig (diözisch). Die hängenden männlichen Blütenstände tragen ein lederiges, zweikielig gespaltenes Vorblatt und sind zwischen 30 bis 60 cm lang. Davon entfallen bis zu 30 cm auf den Blütenstandsstiel, an dem viele zwischen 7 und 20 cm lange Seitenachsen entspringen. Die männlichen Blüten haben einen dreizipfeligen Kelchbecher von 1,2 mm Höhe und gelb-weißer Farbe. Die 7 bis 8 mm langen und 2 bis 2,5 mm breiten Kronblätter sind gelbweiß mit spitzen Enden. In ihnen liegen die Antheren mit einer Länge zwischen 3,5 bis 4 mm.
Bild 4: Männliche Blüten
Die weiblichen Blütenstände sind bis 35 cm lang und stehen aufrecht. Sie werden erst zur Fruchtreife bogig. Das Vorblatt ist lederig, zweikielig und bis 35 cm lang und 5 cm breit. Es spaltet sich zwischen den Kielen und entlässt so den Blütenstand ins Freie. Der Blütenstandsstiel ist grün und bis 30 x 3 cm groß. Die Seitenachsen haben eine knollige Basis, sind orange-grün und manchmal einfach verzweigt. Die weiblichen Blüten sind hellgrün und stehen in den distalen drei Vierteln der Seitenachsen in der Achseln von bis zu 5 mm langen papierenen Tragblättern (Brakteen). Der Kelch ist ein dreizipfeliger Becher und 2 bis 2,5 mm hoch. Die Kronblätter sind 3,5 x 4 mm groß und haben spitze Enden. Pro Blüte reift immer nur ein Fruchtblatt zur Frucht aus.
Bild 5: Ausgewachsene weibliche Zwerg-Dattelpalme mit Fruchtständen
Die 13 bis 18 x 6 bis 7 mm große Frucht ist verkehrt eiförmig, die Blütenhülle bleibt erhalten. Im Zuge der Reifung wechselt ihre Farbe von dunkelgrün zu purpur-braun. Sie enthält einen schmalen, länglichen Samen. Dieser hat bei einem kreisrunden Querschnitt abgerundete Enden.
Bild 6: Fruchstände mit reifen Früchten
Kurz zur Präparation
Geschnitten habe ich die frischen, unfixierten Pflanzenteile freistehend (Rhachis) bzw. in
Möhreneinbettung (Fiederblättchen & Fiederdorn) auf dem Zylindermikrotom mit Leica Einmalklingen im SHK-Klingenhalter. Die Schnittdicke der hier gezeigten Querschnitte liegt bei ca. 50 µm. Wer möchte, findet
hier weitere Informationen zum Schnitt mit dem Handzylindermikrotom.
Nach dem Schnitt habe ich für ca. 40 Minuten in AFE fixiert und dann in Ethanol 70% gespült und stufenweise in Aqua dest. überführt.
Zwischenzeitlich konnte ich einige Aufnahmen vom Frischmaterial machen.
Bei Fiederdorn und Rachis habe ich dann noch einmal mit Klorix in Aqua dest. (1:4) für 2 bis 3 Minuten gebleicht und anschließend sehr gut mit Aqua dest. gespült.
Gefärbt sind die Schnitte mit dem W3Asim II Farbstoff von Rolf-Dieter Müller. Entsprechende Arbeitsblätter können im
Downloadbereich unserer Webseite herunter geladen werden. Nach der Färbung war in allen Fällen eine Diffe- renzierung mit verdünntem Isopropanol notwendig, da alle Schnitte anfänglich sehr kräftig mit Acridinrot überfärbt waren.
Eine ausführliche Beschreibung der W3Asim-Färbungen finden Sie auch auf unserer Webseite:
zum Artikel von Rolf-Dieter Müller.
Eingedeckt sind die Schnitte - nach gründlichem Entwässern in reinem Iso- propanol - in Euparal.
Bild 7: Aufbau der Okularadaption mit der Canon Powershot A520
Die verwendete Technik
Alle Aufnahmen entstanden auf dem Leica DM E mit den Objektiven NPlan 5 und 40x sowie den 10x und 20x PlanApos. Die Kamera ist eine Canon Powershot A520 mit Herrmannscher Okularadaption. Zur Zeit nutze ich am Adapter ein Zeiss KPL 10x, das mit den Leica-Objektiven sehr gut harmoniert. Die Steuerung der Kamera erfolgt am PC mit dem Programm PSRemote und der Vorschub wird manuell anhand der Skala am Feintrieb des DM E eingestellt.
Alle Mikroaufnahmen sind mit Zerene Stacker V1.04 (64bit) gestackt. Die anschließende Nachbereitung beschränkt sich auf die Normalisierung und ein leichtes Nachschärfen nach dem Verkleinern auf die 1024er Auflösung (alles mit XNView in der aktuellen Version). Bei stärker verrauschten Aufnahmen lasse ich aber auch mal Neat Image ran.
Die Rhachis
Der Palmwedel besteht aus dem Wedelgrund, den ich hier nicht präpariert habe, der Mittelachse (Rhachis), an der sich im unteren Bereich die Fiederdornen (umgebildeten Fiederblättchen, Akanthophylle) befinden, die für die Dattelpalmen (Gattung Phoenix) typisch sind. Weiter oben folgen dann die Fiederblättchen selbst. Rhachis, Fiederdorn und Fiederblättchen schauen wir uns nun im mikroskopischen Präparat an.
Beginnen wir mit der Rhachis!
Bild 8: Die Makroaufnahme vom Querschnitt durch die Rhachis gibt uns einen Überblick, der Durchmesser liegt bei gut 4 mm.
Schon hier sehen wir den typischen Sprossquerschnitt einer einkeimblättrigen Pflanze: die Leitbündel liegen verteilt im gesamten Sprossquerschnitt. Auffällig sind die stark vergrößerten Sklerenchymkappen an den äußeren Leitbündeln sowie die sklerenchymatischen Faserstränge direkt unter Epidermis und Hyphodermis.
Bilder 9 bis 20: Gefärbte und ungefärbte Querschnitte der Rhachis
Wir erkennen eine mit einer feinen Cuticula überzogene Epidermis, unter der eine ein- manchmal zweireihige Hypodermis liegt. Nachfolgend ein schmales Assimilationsparenchym, das für den grünen Anblick der Rhachis sorgt und in diesem eingebettet sklerenchymatische Faserstränge (sklFS), die den Wedel stabilisieren. Im Markparenchym liegen, wie zu erwarten, die geschlossen kollateralen Leitbündel, die keine direkte Ausrichtung zur Unterseite der Rhachis haben, obwohl bei vielen das Phloem mehr oder weniger in diese Richtung zeigt. Auch hier wieder die äußeren Leitbündel mit stark erweiterten Sklerenchymkappen, die allgemein einen geschlossenen Ring um das Bündel bilden.
Auffällig ist die orange statt rote Färbung der sklerenchymatischen Zellen. Hierbei handelt es sich entweder um ein durch Überdifferenzierung entstandenes Präparationsartefakt oder die entsprechenden Zellenwände sind nicht im Sinne einer Steinzelle durch und durch sklerifiziert sondern enthalten lediglich Lignineinlagerungen, was zu einer höheren Flexibilität des Wedels führen würde.
Informationen zu den Abkürzungen in den hier gezeigten sowie den folgenden beschrifteten Bildern finden Sie wie immer in der Tabelle mit den Kürzeln und den zugehörigen allgemeinen Erläuterungen
hier auf unserer Webseite.
Für mich immer spannend zu beobachten: einige Details lassen sich am frischen Schnitt deutlicher erkennen, andere wiederum werden erst mit der Färbung deutlich.
Bilder 21 bis 26: Noch ein Blick auf die Leitbündel der Rhachis
Wir sehen klassische geschlossen kollaterale Leitbündel ohne Cambium aus der Mitte der Rhachis. Auffällig sind neben dem geschlossenen Sklerenchymring um die Bündel die zwei bis drei sehr großen Tracheen im Xylem. Das Leitbündel in den Bildern 23 und 24 hat einen maximalen Durchmesser von etwa 278 µm, die größte Trachee misst um die 77 µm.
Das Fiederblättchen
So, nun sind die Fiederblättchen an der Reihe! Hier gibt es auch eine kleine Besonderheit zu entdecken. Einige unserer Leser erinnern sich vielleicht noch an den Beitrag zur
Goldfruchtpalme. Damals dachte ich bei den dunklen Flecken auf dem Wedelstiel zunächst an einen Pilzbefall. In der Diskussion im
Mikroskopie-Forum zeigte sich aber, dass es sich um lappige Trichome handelt, die an den jungen Wedeln auftreten und mit dem Alter abfallen. Die Trichome verhindern ein Verkleben der jungen Wedel und Fiederblättchen untereinander und ermöglichen so ein sauberes Auffalten des heranwachsenden Wedels.
Bei der Zwerg-Dattelpalme findet sich ein ähnlicher Mechanismus, nur dass die hier auch vielzelligen Trichome hier nicht lappig geformt sondern eher kompakt sind.
Bild 27: Ausschnittsaufnahme von einem jungen, noch nicht ausgefalteten Wedel im Makro
Bild 28: Der Wedel öffnet sich ...
Bild 29: Komplett geöffneter Wedel
In der Bildfolge wird deutlich, dass die Trichome nur an der Unterseite der Fiederblättchen sitzen, wo sie die Photosynthese nicht negativ beeinflussen. Nun geht es darum, die Trichome, die an der Rhachis ebenfalls vorhanden sind (Bilder 13 & 14) auch am Fiederblättchen wieder zu finden. Wir fangen mit dem Rand des Blättchens an und arbeiten uns zur Mittelrippe vor.
Bilder 29 bis 32: Der Blattrand
Neben einem Trichom ganz außen an der Unterseite der Spitze finden wir einen bifazialen Aufbau mit einem Palisadenparenchym an der Oberseite, das unter einer Epidermis mit Cuticula, gefolgt von einer Hypodermis liegt. Darunter liegt ein Schwammparenchym mit recht kleinen Interzellularen und eingelagert finden wir die Leitbündel in unterschiedlichen Größen. Auch das Fiederblättchen wird am Rand von sklerenchymatischen Faserbündeln verstärkt und es gibt Stomata sowohl auf der Blattunter- als auch auf der Oberseite, wo sie aber seltener sind.
Die Fiederblättchen haben einen Durchmesser von ca. 216 µm und sind somit recht filigran. Die größeren Leitbündel darin erreichen um die 125 µm und sind auch von einer Leitbündelscheide umgeben. Da die Zellen der Hypodermis keine besonders ausgeprägten Zellwände zeigen, vermute ich, dass sie dazu dient, durch Streuung das einfallende Licht besser auf die Zellen des darunter liegenden Palisadenparenchyms zu verteilen.
Bilder 33 bis 40: Bulliforme Zellen an Blattober- und Unterseite
Die bulliformen Zellen bilden ein Gelenk, das das Fiederblättchen bei Wassermangel quasi zusammen klappt. Dies geschieht einfach durch den bei Trockenheit oder zu hoher Verdunstung bei starker Sonneneinstrahlung auftretenden Wasserverlust in den Zellen: diese schrumpfen und das Fiederblättchen klappt ein. Der Vorgang ist reversibel: ist genügend Wasser vorhanden, dehnen sich die Zellen wieder aus und das Fiederblättchen öffnet sich wieder. In den ersten vier Bildern finden wir auch wieder ein Trichom genau an der "Knickstelle".
Bilder 41 bis 44: Die Mittelrippe des Fiederblättchens
Auch hier haben wir wieder einen großen Verband bulliformer Zellen an der Oberseite des Fiederblättchens. Üblicherweise finden wir in der Mittelrippe eines Blattes ein großes Leitbündel, das ist hier nicht der Fall, dafür finden sich an der Unterseite viele sklerenchymatische Faserstränge.
Bilder 45 bis 48: Leitbündel und Stomata des Fiederblättchens
Wie nicht anders zu erwarten, auch hier ein geschlossen kollaterales Leitbündel und rechts daneben ein oben liegendes Stoma. An der Blattunterseite wieder ein Trichom.
Die Stomata liegen direkt nebeneinander, das heißt, zwischen den Nebenzellen gibt es keine Epidermiszellen mehr. Dies ist vergleichsweise selten, da die Bildungsmechanismen der Stomata dies bei den meisten Pflanzenarten nicht zulassen.
Der Fiederdorn
Im Bild 49 sehen wir die Rhachis kurz vor dem Wedelansatz mit den Fiederdornen, die wie oben beschrieben, einzeln oder paarweise stehen. Diese finden wir auch bei anderen Arten der Gattung Phoenix und sie dienen dazu, das empfindliche Palmherz vor Fraßschäden zu schützen, die ggf. zum Absterben der ganzen Palme bzw. hier des betroffenen Sprosses führen würden. Anders als die meisten anderen Pflanzen besitzen die Palmen nämlich nur ein Wachstumsgewebe (Meristem), das in der Lage ist, neue Wedel zu bilden. Wird dieses zerstört, wächst die Pflanze nicht mehr weiter und stirbt nach dem Verlust des letzten verbliebenen Wedels ab.
Bild 49: Fiederdornen am Wedelansatz
Bild 50: Makroaufnahme eines Fiederdorns
Bilder 51 und 52: Querschnitt des Fiederdorns im Überblick
Mit den Bildern des Fiederblättchens im Hinterkopf lassen Struktur und Form erahnen, dass es sich beim Fiederdorn um ein umgebildetes Fiederblättchen handelt. Dies gilt insbesondere für die Gruppe erhaltener bulliformer Zellen rechts in der Kerbe, die beim Fiederdorn keinerlei Funktion mehr haben.
Bilder 53 bis 62: Detailaufnahmen vom Fiederdorn
Neben den bulliformen Zellen in der Bildmitte zeigen sich viele Leitbündel mit verstärktem Sklerenchymring, wie wir sie vom Fiederblättchen kennen. Dazwischen und besonders am Rand liegen aber auch große und stark verholzte sklerenchymatische Faserstränge dicht an dicht, die den Dorn versteifen und ihm die nötige Stabilität verleihen.
Die sklerenchymatischen Faserstränge in den Bildern 57 bis 60 erreichen Größen von bis zu 180 * 130 µm. Die Leitbündel (Bilder 61 und 62) sind wie im Fiederblättchen von einer Leitbündelscheide umgeben, unter der zunächst das massive Sklerenchym folgt. Die Größe des größeren Komplexes liegt bei ca. 372 * 192 µm.
Alles in Allem enthält der Fiederdorn eine große Anzahl sklerenchymatischer Faserstränge, die zum Rand hin zwar kleiner werden, aber dichter beieinander liegen. Zudem sind alle Leitbündel sind von massiven Sklerenchymringen umgeben. Mit den umgebenden Parenchymen bildet sich so ein zäher, aber auch harter und genügend steifer Dorn, der interessierte Mäuler sehr wohl vom Palmherz fern halten kann.
Bilder 63 bis 65: Der Fiederdorn in der Durchlicht-Fluoreszenz bei 470nm Anregung
Die Farben der Wackerfärbung, die auch im W3Asim II Gemisch Anwendung finden, fluoreszieren alle. Dies gilt insbesondere für das Acridinrot, dass in der 470 nm Anregung intensiv orange aufleuchtet und die schwächere grünliche Fluoreszenz des Alciangrüns (eine Mischung aus Alcianblau und Alciangelb) stark überstrahlt.
Die Aufnahmen sind am Rande des MKB-Treffens zum Acridinorange im Januar 2016 entstanden. Herzlichen Dank für die Aufnahmen an Carsten Wieczorrek.
Primärfluoreszenz am Fiederdorn
Primärfluoreszenz bezeichnet die Fluoreszenzs am frischen, ungefärbten Präparat. Sie beruht auf den physikalischen Eigenschaften der Stoffe in den Zellwänden und Plastiden der Zellen. Genaueres dazu finden Sie im Artikel
Primär- und Sekundärfluoreszenz an pflanzlichen Präparaten in unserer Bibliothek.
Die hier gezeigten Auflichtfluoreszenz-Aufnahmen wurden von Horst Wörmann an frischen Schnitten vom Fiederdorn der Zwerg-Dattelpalme mit Anregungswellenlängen von 365 und 470 nm erstellt. Dazu wurden frische Schnitte auf dem Handmikrotom ohne Benetzung durch Alkohol erstellt. Als Netzmittel diente Ochsengalle in wässriger Lösung. Diese wurde, da sie bei entsprechender Anregung selbst fluoreszent ist, gut mit Leitungswasser ausgespült.
Bilder 66 bis 69: Das Präparat in der Übersicht (Vergrößerung 50x)
Beleuchtet man den Schnitt mit einer Anregungswellenlänge von 365 nm (nahes UV-Licht), erhält man eine Fluoreszenz im blauen Bereich des sichtbaren Spektrums (Bild 67), die vom Lignin in den Zellwänden herrührt. Nicht lignifizierte Zellwände zeichnen nur ganz schwach. Spannen ist Bild 69: das Präparat war ganz frisch und noch nicht ganz optimal gespült, aber hier zeigt sich im Bereich der Chloroplasten noch eine zweite Fluoreszenz des Chlorophylls im dunklen Rotbereich des Spektrums. Diese konnte später, an mit ca. 30 Minuten nur geringfügig "älteren" Schnitten, nicht mehr nachgewiesen werden.
Bild 68 hingegen zeigt die klassische Reaktion Pflanzlicher Gewebe bei Anregung mit blauem Licht der Wellenlänge von 470 nm: Lignifizierte Zellwände und Cuticula in leuchtendem Grün und das Chlorophyll der Chloroplasten in kräftigem Rot.
Bilder 70 bis 72: Details bei einer vergrößerung von 200x
Hier erkennt man durch den Vergleich der Bilder die Lage der Stomata in der Epidermis: bei 365 nm bleiben diese Bereiche dunkel, bei 470 nm leuchten die Chloroplasten der Schließzellen kräftig rot.
Die mit W3Asim II gefärbten Bilder zeigen insbesondere in den sklerenchimatischen Ringen um die Leitbündel einen Gradienten von Rot bzw. Dunkelorange nach orange. Wir haben überlegt, ob sich die weiter oben beschriebene Idee, dass der Ligninanteil in den Zellen variiert und somit für den Farbgradienten verantwortlich ist, unter Fluoreszenz am frischen Schnitt belegen lässt. Geht man davon aus, dass Zellwände mit höherem Ligninanteil bei 365 nm Anregung eine stärkere (= hellere) Fluoreszenz zeigen, sollte dies möglich sein. Daher folgen hier noch zwei Aufnahmen, bei denen Horst Wörmann den Blaukanal des Bildes separiert und anschließen über eine Falschfarbendarstellung den feinen Gradienten herausgearbeitet hat:
Bild 73: Blaukanal-Aufnahme
Bild 73: Ein Leitbündel in 400facher Vergrößerung, nur der Blaukanal des Bildes bei Anregung mit 365 nm
Bild 74: Falschfarbendarstellung
Bild 74: Falschfarbendarstellung des vorangegangenen Bildes 73. Die höchste Lichtintensität wir weiß dargestellt, die Intensität sinkt über die Farben des Regenbogens bis zum Rot, das eine geringe Intensität signalisiert.
Die Bilder zeigen sehr schön, dass die Helligkeit der Fluoreszenz im Faserring um das Leitbündel nach rechts oben hin abnimmt (zu den Rottönen hin). Dies würde die These mit dem unterschiedlichen Ligningehalt bestätigen.
Weiterhin sieht man, dass der Gehalt in dort am geringsten ist, wo der Weg zu den Parenchym- oder Leitbündelzellen am weitesten ist. Das macht Sinn: mit der Lignifizierung wird das betroffene Gewebe immer undurchlässiger und im Sinne eines Konzentrationsgefälles durch die "Filterwirkung" der weiter außen liegenden Zellen, die ja selbst Lignin "verbauen", kommt im Zentrum des Bündels nicht mehr genug an, um den gleichen Grad an Lignineinlagerung zu erreichen.
Dies ist auf Basis eines einzelnen Leitbündelbildes natürlich eine gewagte Idee, die durch entsprechende Reihenuntersuchungen erhärtet werden müsste.
Literatur und Links
[1] Anatomy of Seed Plants, 2nd Edition
Katherine Esau, Wiley-India Reprint 2011.
[2] Pflanzenanatomisches Praktikum I
Braune, Leman, Taubert, Spektrum 2007.
[3] Botanische Schnitte mit dem Zylindermikrotom
Jörg Weiß, MBK 2011
[4] Wacker für Alle
W3Asim Färbungen von Rolf-Dieter Müller, MKB 2011
[5] Tabelle der Abkürzungen zur Pflanzenanatomie
Jörg Weiß, MKB 2013
[6] Palmeninfo.de
Webseite rund um Palmen
von Christoph Caspari
[7] Primär- und Sekundärfluoreszenz an pflanzlichen Präparaten
Rolf-Dieter Müller, Jörg Weiß und Dr. Horst Wörmann, MKB 2011
Bildquellen
- Bild 1: Zwerg-Dattelpalme in einem Vorgarten
Wikipedia, Forest & Kim Starr, CC BY-SA 3.0
- Bild 3: Männliche Zwerg-Dattelpalme mit Blütenständen
Wikipedia, MCNight, gemeinfrei
- Bild 4: Männliche Blüten
Wikipedia, MCNight, gemeinfrei
- Bild 5: Weibliche Zwerg-Dattelpalme mit Fruchtständen
Wikipedia, MCNight, gemeinfrei
- Bild 6: Fruchstände mit reifen Früchten
Arizona State University, gemeinfrei
- Bild 29: Komplett geöffneter Wedel
Unbekannte Autorin aus einem Frageforum
- Bilder 63 bis 65: Fiederdorn in der Durchlichfluoreszenz
Carsten Wieczorrek, MKB
- Bilder 66 bis 74: Fiederdorn in der Auflichtfluoreszenz
Dr. Horst Wörmann, MKB
- Alle anderen Aufnahmen vom Autor des Artikels
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