Mikroskopierwoche in Bodman 2016
Bodman, vom 18. bis 24.09.2016
Auch in diesem Jahr fand die Mikroskopierwoche in Bodman am Bodensee vom 18.-24. September im Haus Greth statt. Ganz besonderer Dank gilt den Organisatoren Felix Kuhn und Bettina Walter, die heuer zu zweit durchs Programm führten.

Abb. 1: Das Organisatorenteam: Bettina Walter und Felix Kuhn
Montag: Nach der obligatorischen Seeprobe am Bootssteg nahe dem Haus Greth konnten die Anwesenden weitere Wasserproben untersuchen, die von Dr. Martin Kreutz zur Verfügung gestellt wurden. Am Nachmittag gab Michael Miedaner spannende Einblicke in das Leben, Liebesleben und das Innere der Honigbiene. Anhand alter Präparate konnten die Teilnehmer nicht nur Stachel und Mundwerkzeuge der Honigbiene, sondern auch mikroskopische Schnitte des Larvenstadiums und der ausgewachsenen Biene bewundern. Auch stellte sich heraus, dass unter den fleißigen Bienen auch jede Menge faule Bienen sein können: Bienen machen ab und an ein Nickerchen beim Sammeln des Honigs.

Abb. 2: Darmepithel der Honigbiene aus einem alten, gefärbten Präparat (Azanfärbung).
Dienstag: Thilo Bauer ließ die Teilnehmer tiefer in das Innere lebender Zellen vordringen und startete mit einem Vortrag zu den Mitochondrien, denjenigen Organellen, die für die Energiegewinnung unserer Zellen verantwortlich sind. Der anschließende Workshop umfasste lichtmikroskopische Beobachtungen in Hellfeld und Phasenkontrast sowie Färbung der lebenden Mitochondrien in Zwiebelzellen mit Janusgrün B. Im Anschluß konnten die Teilnehmer eigene Fluoreszenzpräparate anfertigen und mikroskopieren. Highlight bildete die Vorführung der Darstellung des endoplasmatischen Reticulums (ER) in einem Zufallsfund einem lebenden Ciliaten der Art Bursaria trucatella. Das endoplasmatische Reticulum ist ein großes Organell, genauer gesagt eine Membran die das Zellplasma surchzieht. Es erscheint als schwammartiges Gebilde aus Röhren und Hohlkammern. Dem ER kommt auch eine wichtige Aufgabe beim Transport von Proteinen zu. Am Abend gab Martin Kreutz überraschend einen interessanten Vortrag zur Untersuchung der Ciliaten im Differentialinterferenzkontrast. Er demonstrierte den Anwesenden die wichtige Präparationsmethode zur Fotografie empfindlicher und sehr schneller Ciliaten. Auch lieferte er Einblicke in Details zur Bestimmung von Ciliaten, die Zoochlorellen beinhalten.

Abb. 3: Neuartige Einblicke in den Ciliat Bursaria truncatella: Darstellung des endoplasmatischen Reticulum (ER) in Fluoreszenz mit Hilfe von Videoaufnahmen, die während des Vortrags gewonnen wurden. Das ER erscheint als schwammartiges Membrangewebe im Zellinneren. Aufnahme: T. Bauer. AxioLab.A1 FL LED, Blauanregung, Objektiv: N-Achroplan 20x/0.45.
Mittwoch: Heute rückten die Teilnehmer zu einem Tagesausflug aus. Unter der kundigen Führung von Bettina Walter ging es zunächst zur Schaugrabung am Olzreuter Ried. Frau Dr. Probst-Böhm erläuterte den Fortgang der Ausgrabungen der 5.000 Jahre alten Pfahlbauten im Hochmoor. Die Teilnehmer erfuhren interessante Details zur Bauweise der Pfahlbauten, die mit dendrochronologischen Methoden untersucht werden. Auch berichtete Frau Dr. Probst-Böhm über die Lebensweise der damaligen Menschen und ihrer bevorzugten, landwirtschaftlich genutzten Pflanzen. Das nächste Ziel war der Schwaigfurter Weiher, an dem die Teilnehmer fleißig Planktonproben entnehmen konnten. Der Besuch des Federsees und seiner näheren Umgebung bildete die letzte Etappe des Tagesausflugs.

Abb. 4: Der Schwaigfurter Weiher lud die Teilnehmer zum Sammeln von Plankton ein.
Donnerstag: Am Morgen startete das Programm mit Rainer Mehnert, der die Teilnehmer in die Welt der Stereomikroskopie entführte. Praktische Anwendungen und lohnenswerte Konstruktionen standen auf dem Programm, die die Beobachtung von Plankton zu einem Erlebnis der besonderen Art werden ließ. Die handwerklichen Fähigkeiten der Teilnehmer waren gefragt, als sie im praktischen Teil Küvetten zur Stereomikroskopie von Plakton selbst anfertigen konnten. Am Nachmittag war Rainers Thema dann die Makrofotografie. Mit umgebauten Stereomikroskopen, Lupenobjektiven und Umkehrringen demonstrierte er, wie man hohe Vergrößerungen bei großem Arbeitsabstand erhält. Gegen Abend gab es Kurzfilm von Hanna Binder über die Geburt der Wasserflöhe und wie sie neuerdings als biologische Indikatoren in den Wasserwerken rund um den Bodensee genutzt werden. Der Film kann übrigens auch auf
Youtube abgerufen werden. Am Abend wurde es dann kriminalistisch: Richard Jähner berichtete über die mikroskopischen Merkmale der Fingerabdrücke. Zum Beleg wurden den Teilnehmern Fingerabdrücke abgenommen - natürlich ohne diese zu erfassen. Fingerabdrücke sind ja seit einer Weile auch Teil der biometrischen Reisepässe.

Abb. 5: Ein Egel mit Jungtieren im inversen Stereomikroskop (von unten betrachtet). Die Aufnahme demonstriert die einfache Verwendung eines Mobiltelefons zur Fotografie über das Mikroskop-Okular (Aufnahme: Thilo Bauer).

Abb. 6: Das Thema 'Makrofotografie extrem' fand großen Anklang.
Freitag: Der sprichwörtlich freie Tag konnte genutzt werden für die Erkundung der Umgebung des Bodensees. Ausgiebig wurden die gesammelten Proben von den Teilnehmern mikroskopiert und ausgewertet. Den Abschluss des Tages bildete ein bunter Abend.

Abb. 7: Aufnahme eines Weidenblatts in Fluoreszenz (Salix spec.), auf welchem der echte Mehltau wächst. Erstellt mit einem AxioLab.A1 FL LED, Vergrößerung 10x/0.25 (Übersichtsaufnahme).
Der echte Mehltau ist ein Pilz der auf der Oberseite der Blätter aufsitzt, jedoch nicht in das Pflanzengewebe eindringt. Das Schnittpräparat wurde mit dem unter UV Licht blau fluoreszierenden Uvitex 2B gefärbt, einem Fluorochrom, das bevorzugt Chitine der Zellmembranen von Pilzen färbt. Das Blatt zeigt ebenfalls in Gelb- und Grüntönen Autofluoreszenz von Zellulose, Lignin (vermutlich auch Suberin in der äußeren Epidermis) des Pflanzengewebes, sowie blaue Autofluoreszenz des Xylems. Im Schnitt sind ebenfalls Schäden von Trockenstress an der zentralen Blattader als grüne „Einwachsungen" erkennbar. Die mikroskopische Abbildung steht naturgemäß auf dem Kopf, so dass der Pilz in der Abbildung unten „hängt“.

Abb. 8: Blatt einer von echtem Mehltau befallenen Weide (Salix spec.), Fluoreszenzaufnahme nach Färbung mit Uvitex 2B, Aufsicht auf das Blatt mit Hyphen und Kleistothezien.
Auch in diesem Jahr vermittelte die Mikroskopierwoche in Bodman erfreulich viele neue Ideen, Eindrücke, Wissen und Praxiserfahrung. Nicht zuletzt war Bodman wieder ein echtes Schmankerl für den Mikroskopiker. Allen Vortragenden und Mitwirkenden sowie insbesondere auch der Belegschaft des Hauses Greth sei besonderer Dank ausgesprochen.