Die Yuzu-Orange (Citrus x junos)
Bild 1: Fruchtendes Yuzu-Bäumchen, aus Wikipedia, User At by At, CC BY-SA 4.0
Jörg Weiß, vom 30.06.2024
Seit ein paar Wochen ziert ein kleines Yuzu-Bäumchen unserer Garten. Bis auf eine Frucht hat sie mittlerweile alle verloren, aber sie blüht immerhin noch. Mal sehen, wie sich die Pflanze entwickelt. Neue Äste hat sie auch schon getrieben. Diese brechen sehr leicht ab, was mir durch eine Ungeschicklichkeit entsprechendes Probematerial eingebracht hat. Wir können uns also gemeinsam Blatt und Spross der Yuzu-Orange ansehen. Aber wie immer zunächst einige Informationen zur Pflanze selbst.
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Zunächst einige Informationen zur Pflanze selbst
Die Yuzu (japanische Aussprache von chinesisch 柚子, Pinyin yòuzi; koreanisch 유자 Yuja) ist eine hybridogene Pflanzenart aus der Familie der Rautengewächse (Rutaceae) in der Ordnung Sapindales. Ihr wissenschaftlicher Name lautet Citrus x junos. Die Kreuzung aus der Ichang-Zitrone (Citrus ichangensis) und der Mandarine (Citrus reticulata var. austera) wird seit mindestens 2000 Jahren im mittleren Yangtze-Becken in China angebaut, aber z.B. auch in Japan und Korea schon lange kultiviert.
Bild 2: Laub an einem frischen Spross mit langen Dornen - Blattoberseite
Bild 3: Älteres Blatt, aus Wikipedia, User Sun Jiao, CC BY-SA 4.0
Citrus x junos bildet einen dichten, aufrecht wachsenden Strauch oder schmalen Baum mit feiner Belaubung. Die Zweige sind an den Blattachseln mit Dornen bis zu 3 cm (eigene Probe bis 6 cm) besetzt. Die Blattstiele sind bis zu 1 cm breit geflügelt und 2 cm lang, das Blatt ist am Ende zugespitzt und vorne abgerundet, die Größe des Blattes ohne Stiel liegt bei etwa 3 × 6 cm (an der eigenen Probe größer). Dabei ist die Blattoberseite glänzen und kräftig grün gefärbt, während sich die Blattunterseite matt und im hellem Grün zeigt. In Regionen mit harschem Klima verliert der Baum manchmal über Winter seine ansonsten mehrjährigen Blätter, dabei ist er bis ca. -10 Grad winterhart.
Bild 4: Laub an einem frischen Spross mit Dornen - Blattunterseite
Die mit etwa 2 cm Durchmesser eher kleinen weißen Blüten tragen 5 Kronblätter. In einem verwachsenen Kranz innerer Blütenblätter stehen um die 20 gelborange Staubblätter. Die Blüten duften stark und öffnen sich vor allem in den Monaten Mai und Juni.
Bild 5: Eine Blüte am eigenen Strauch öffnet sich
Bild 6: Die selbe Blüte am nächsten Tag in voller Pracht
Die gelbe bis hellorangefarbene Frucht ist tennisballgroß und etwa 100 g schwer. Die Form ist rund bis leicht abgeflacht. Das Albedo ist etwa 0,5 bis 0,7 mm dick, die äußere Schicht, das Flavedo, ist rau. In den Früchten finden sich bis zu 40 große, polyembryonische Samen. Das Fruchtfleisch ist sauer-aromatisch, leicht bitter und saftig.
Bild 7: Die kleine, noch unreife Frucht an unserem Strauch
Bild 8: Reife Yuzu-Orangen, ganz und aufgeschnitten. Aus Wikipedia, User nicht ermittelbar (infizierter Link), CC BY 4.0
Die lange Kultivierungszeit hat zu regional verschiedenen Sorten von Yuzu-Orangen geführt: es gibt großblättrige und eher schmalblättrige Sorten, teils sind die Blattstiele eher breit-, teils eher schmal geflügelt. Eine sehr ähnliche Sorte, die sich durch leicht rötlichen Austrieb unterscheidet, wird Sudachi genannt.
Yuzus, vor allem die Öle in der Schale, werden vielfach in der Parfümindustrie verwendet und neuerdings auch in der feinen Küche, da der Saft ein wesentlich komplexeres Aroma als die Zitrone bietet.
Die Yuzu war in Japan eine der am meisten genutzten Veredelungsunterlagen für die Satsuma, heute meist ersetzt durch die Dreiblättrige Orange. In der traditionellen japanischen Küche wird hauptsächlich die Schale der frischen Yuzu verwendet. Weit verbreitet ist Yuzukoshō, eine Paste aus grünem oder rotem Chilipfeffer, Salz und der Schale der Yuzu. Der Saft der Yuzu kommt in Japan nicht unverdünnt zum Einsatz, sondern als Bestandteil von Soßenmischungen wie z. B. dem Yuzu-Ponzu, die für den Fleischwok Shabu-Shabu verwendet wird.
In Korea wird die feingeschnittene Frucht in Honig eingelegt und, mit Wasser aufgegossen, als Yujacha (Yuzu-Tee) getrunken.
Bild 9: Illustration von Blatt, Blüte und Frucht der Yusu-Orange. Kawahara Keiga, ca. 1825, Siebold_Collection, gemeinfrei. Man beachte die kleinen Flügel am Blattstiel
Kurz zur Präparation
Geschnitten habe ich den Spross freistehend und Blattstielflügel sowie Blatt in Möhreneinbettung auf dem Tempelchen (Zylindermikrotom im Halter als Tischmikrotom) mit Leica Einmalklingen 818 im SHK Halter.
Die Schnittdicke beträgt je ca. 50µm.
Nach einer Schnittfixierung in AFE für ca. 6 Stunde waren wegen der enthaltenen Orangenöle weitere Schritte notwendig:
- Stufenweises Überführen in Aqua dest.
- Spülen mit 1:1 verdünntem Eau de Javel für ca. 60 Sekunden
- Mehrfaches gründliches Spülen mit Aqua dest.
- Da sich die Schnitte im Eau de Javel nicht verfärbt haben,
war die sonst übliche Bleichen mit Chloralhydrat nicht notwendig.
Die Färbung ist
W3Asim I nach Rolf-Dieter Müller.
Eingedeckt wurden die Schnitte nach gründlichem Entwässern mit reinem Isopropanol und Überführen in Xylol in Euparal.
Und zur verwendeten Technik
Die Aufnahmen sind auf dem Leica DMLS mit dem NPlan 5x sowie den PlanApos 10x, 20x und 40x entstanden. Die Kamera ist eine Panasonic GX7, die am Trinotubus des Mikroskops ohne Zwischenoptik direkt adaptiert ist. Die Steuerung der Kamera erfolgt durch einen elektronischen Fernauslöser. Die notwendigen Einstellungen zur Verschlusszeit und den Weißabgleich führe ich vor den Aufnahmeserien direkt an der Kamera durch. Der Vorschub erfolgt manuell anhand der Skala am Feintrieb des DMLS.
Alle Mikroaufnahmen sind mit Zerene Stacker V1.04 Build T2023-06-11-1120 (64Bit) gestackt. Die anschließende Nachbereitung beschränkt sich auf die Normalisierung und ein leichtes Nachschärfen nach dem Verkleinern auf die 1024er Auflösung (alles mit XNView in der aktuellen Version). Bei stärker verrauschten Aufnahmen lasse ich aber auch mal Neat Image ran.
Das Blatt der Yuzu-Orange
Auffällig am Blatt der Yuzu-Orange ist der beflügelte Blattstiel, sodass ich diesmal zwei Querschnitte angefertigt habe: einmal vom Flügel und dem Blattstiel (S1) und einmal von der Blattspreite etwas weiter zur Blattspitze hin (S2).
Bild 10: Schnittführung an Blatt und Spross
Wir beginnen mit dem geflügelten Blattstiel. Zunächst einige Bilder vom frischen, ungefärbten Schnitt:
Bilder 11a-f: Der geflügelte Blattstiel im frischen, ungefärbten Schnitt
Zunächst fällt auf, dass sich die Anatomie des Blattstielflügels nicht von der eines normalen bifacialen Blattes unterscheidet. Im Blattstiel selbst finden wir ringförmig angeordnete Leitgewebe, seine Oberseite ist von einem durchgehenden, mehrreihigen Assimilationsparenchym bedeckt. Dieses finden wir oberhalb eines Schwammparenchyms auch im Flügel selbst. Eingelagert sind lysigene Sekretbehälter (Orangenöhle ...) und besonders an der Ober- seite viele Idioblasten mit eingelagerten großen Calciumoxalatrhomboedern.
Schauen wir uns nun zum Vergleich die Blattspreite an. Zunächst auch im frischen, ungefärbten Schnitt:
Bilder 12a-e: Die Blattspreite im frischen, ungefärbten Schnitt
Wie beim beflügelten Blattstiel schon angekündigt: anatomisch sehen wir hier kaum Unterschiede zwischen Blattstiel und Flügel und Mittelrippe und Blatt. Beim Leitgewebe in der Mittelrippe ist der Ring unterbrochen und die Blattfläche ist dicker als der Flügel, mit noch ausgeprägterem Assimilationsparenchym. Die Idioblasten mit den Caliumoxalatrhomboedern sind genau so vorhanden, wie die Sekretbehälter - auch wenn diese in den Bildern 12 fehlen, da sie nicht in jedem Schnitt getroffen werden.
Und nun wird es bunt!
Bilder 13a-j: Der geflügelte Blattstiel im mit W3Asim I gefärbten Schnitt
Der geflügelte Blattstiel zeigt in den gefärbten Schnitten die gleichen Details wie im frischen Schnitt, einiges ist durch die Färbung ein wenig besser zu erkennen. Von oben nach unten finden wir die Cuticula auf der Epidermis (Cu & Ep), darunter auch über dem Blattstiel ein mehrreihiges Assimilationsparenchym (AP). Darauf folgt das Schwammparenchym (SP) bzw. im Blattstiel das Rindenparenchym (RP). Dort finden wir die ringförmig angelegten Leitgewebe bestehend aus Phloem (Pl), Cambium (Ca) und Xylem (Xl oder Xyl). In der Mitte liegt das Markparenchym (MP). Zwischen Assimilations- und Schwammparenchym finden wir ein längs angeschnittenes Nebenleitbündel (NLB).
Die Stomata (St) sind sehr klein und neben den lysigenen Sekretbehältern (lys SkB), die hauptsächlich Orangenöle enthalten, finden wir an der Ober- und Unterseite viele Idioblasten mit Calciumoxalatrhomboedern (CaO Dr).
Den Abschluss an der Unterseite bildet wieder die Epidermis mit einer im Vergleich zur Oberseite nicht so stark ausgeprägten Cuticula.
Bilder 14a-h: Die Blattspreite im mit W3Asim I gefärbten Schnitt
Wie sich die Bilder gleichen. Die Blattspreite zeigt in den gefärbten Schnitten die gleichen Details wie im frischen Schnitt und ähnelt natürlich auch hier dem geflügelten Blattstiel bis auf Details. Von oben nach unten finden wir die Cuticula auf der Epidermis (Cu & Ep), darunter auch über der Mittelrippe ein mehrreihiges Assimilationsparenchym (AP). Darauf folgt das Schwammparenchym (SP) bzw. in der Mittelrippe das Rindenparenchym (RP). Dort finden wir die hier unterbrochen ringförmig angelegten Leitgewebe bestehend aus Phloem (Pl), Cambium (Ca) und Xylem (Xl oder Xyl). In der Mitte liegt das Markparenchym (MP). Zwischen Assimilations- und Schwammparenchym finden wir ein längs angeschnittenes Nebenleitbündel (NLB).
Auch hier wieder die kleinen Stomata (St) neben den lysigenen Sekretbehältern (lys SkB) und den Idioblasten mit den Caliumoxalatkristallen an der Ober- und Unterseite des Blattes.
Der Spross der Yuzu-Orange
Werfen wir nun einen Blick auf den Spross der Yuzu-Orange. Die Schnittlage entspricht S3 im Bild 10.
Bilder 15a-g: Der Spross der Yuzu-Orange im mit W3Asim I gefärbten Schnitt
Der Spross der Yuzu-Orange zeigt einige Besonderheiten, die wir vom Blatt kennen. Aber der Reihe nach von Innen nach außen: Wir beginnen mit der Epidermis, die von einer Cuticula bedeckt ist (Ep & Cu). Eingelagert in der Epidermis sehen wir einige sehr kleine Stomata (St). Darunter liegt ein mehrreihiges Assimilationsparenchym (AP), wie wir es vom Blatt kennen. Allerdings sind die Zellen, die hier für das satte Grün des jungen Sprosses sorgen, rundlich statt gestreckt. Eingelagert ins Assimilationsparenchym und das nachfolgende Rindenparenchym (RP) liegen wieder lysigene Sekretbehälter (lys SkB). Danach folgt ein aufgebrochener Sklerenchymring (Skl), unter dem wir die Leitgewebe mit Phloem (Ph), Cambium (Ca) und Xylem (Xl oder Xyl) finden. Dazwischen eingelagert die erwartbaren Markstrahlen (MS). Das innere des Sprosses bildet ein großes Markparenchym (MP).
Der Spross der Dreiblättrigen Orange zum Vergleich
Zum Vergleich werfen wir noch einen Blick auf den Spross der Dreiblättrigen Orange (Poncirus trifoliatus), einer weiteren Art aus der Familie der Rautengewächse (Rutaceae) in der Ordnung Sapindales. Es handelt sich somit um eine recht nah verwandte Gattung, die ebenfalls aus Zentral- und Nordchina sowie Japan stammt. Sie ist dort als Wildform anzutreffen und wird oft auch als Heckenpflanze genutzt. Anders als die Yuzu-Orange ist sie bis -25 Grad frostfest.
Bilder 16a-i: Der Spross der Dreiblättrigen Orange im mit W3Asim I gefärbten Schnitt
Im Grundsatz gleich gebaut, zeigt der Sprossquerschnitt jedoch einige Unterschiede im Detail. So ist die Cuticula (Cu) viel dicker und die erhabenen Stomata (St) von Poncirus trifoliatus sind deutlich größer als bei Citrus x junos. Auch hier finden wir unter der Epidermis (Ep) ein mehrreihiges Assimilationsparenchym (AP) aus rundlichen Zellen. Darunter folgen Rindenparenchym (RP) und ein nicht so stark ausgeprägter, ebenfalls durchbrochener Sklerenchymring (Skl). Am Übergang zwischen dem Assimilationsparenchym und dem Rindenparenchym liegen lysigene Sekretbehälter (lys SkB). Dann wieder die Leitgewebe mit Phloem (Ph), Cambium (Ca) und Xylem (Xl oder Xyl). Auch hier natürlich durchbrochen von Markstrahlen (MS). Auffällig sind die unregelmäßig angeordneten zellen des Markparenchyms (MP).
Auch interessant ist die völlig andere Farbwirkung der auch hier verwendeten W3Asim I Färbung. Dabei liegt der einzige Unterschied im Präparationsprotokoll hier im Einsatz von Chloralhydrat nach dem Eau de Javel.
Literatur und Links
[1] Mikroskopisch-botanisches Praktikum
Gerhard Wanner
, Thieme, 2. Auflage 2010
[2] Pflanzenanatomie
Katherine Esau, Gustav Fischer Verlag, 1969
[3] Botanische Schnitte mit dem Zylindermikrotom
Jörg Weiß, MBK 2011
[4] Tabelle der Abkürzungen zur Pflanzenanatomie
Jörg Weiß, MKB 2013
[5] Esaus Pflanzenanatomie
Ray F. Evert
de Gruyter, 2009
[6] Anatomy of the Dicotyledons
Metcalfe & Chalk, Oxford Press 1950
Vol. I, Rutaceae, S. 305 ff.
[7] Citrus x junos in der deutschen Wikipedia
Zuletzt Abgerufen am 30.06.2024
Bildquellen
- Bild 1: Fruchtendes Yuzu-Bäumchen
Aus Wikipedia, User At by At, CC BY-SA 4.0
- Bild 3: Älteres Blatt
Aus Wikipedia, von Sun Jiao, CC BY-SA 4
- Bild 8: Yuzu-Orangen, ganz und aufgeschnitten
Aus Wikipedia, User nicht ermittelbar (infizierter link), CC BY-SA 4.0
- Bild 9: Illustration von Blatt, Blüte und Frucht der Yusu-Orange
Zeichnung von Kawahara Keiga, ca. 1825,
Siebold_Collection, gemeinfrei.
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