Spross und Blatt vom Meyers Zitrone (Citrus x meyeri)
Bild 1: Blütenstand von Meyers Zitrone, Aufnahme von 'Nadiatalent' - unter CC BY-SA 3.0 aus Wikimedia Commons
Jörg Weiß, vom 11.10.2014
Seit dem letzten Jahr steht in unserem Garten ein kleines Hochstämmchen der Meyers Zitrone (Citrus X meyeri). Der Durchmesser der Krone betrug gut 25 cm, aber das kleine Ding hat sieben ordentliche (und sehr schmackhafte) Zitronen zur Reife gebracht. Dieses Frühjahr war dann erst mal Pause und erst im Sommer ging es wieder los: neue Äste und Blätter überall.
Leider eine etwas fragile Sache: die neuen, teils 40 cm langen Sprosse brechen sehr leicht ab. Da man Zitrusgewächse aber problemlos schneiden kann, habe ich die verbliebenen Sprosse nach einigen Sturmschäden bei Windstärke drei zurück geschnitten. Genug Material für Schnitte durch Blatt, Blattstiel und Spross.
Artikelinhalt
Interessantes zu Meyers Zitrone
Die Zitrone oder Limone (aus dem Arabischen "laimun") ist die etwa faustgroße Frucht des Zitronenbaums (Citrus × limon) aus der Gattung der Zitruspflanzen (Citrus). Schon früh vom Menschen kultiviert, gibt es eine Gruppe verschiedener Sorten, die nach jetzigem Stand aus einer Kreuzung zwischen Bitterorange (Citrus × aurantium) und Zitronatzitrone (Citrus medica) entstanden sind. Der Ursprung liegt wahrscheinlich im Norden Indiens und etwa um das Jahr 1000 sind erste sichere Nachweise sowohl in China als auch im Mittelmeerraum zu finden.
Meyers Zitrone ist eine vermutlich natürliche Hybride zwischen der Zitrone (Citrus X limon) und der Süßorange (Citrus sinensis), die von Tanaka als eigene Art beschrieben wurde und nach dem Amerikanischen Botaniker Frank N. Meyer benannt ist, der sie 1908 in China entdeckt und beschrieben hat.
Bild 2: Dorn am Blattansatz eines jungen Zweiges
Citrus X meyeri wächst als kleiner bis mittelgroßer, immergrüner Baum mit kurzem und reich verzweigtem Stamm. Ihr Wachstum ist etwas verhaltener als bei anderen meist raschwüchsigen Zitronenarten und sie erreicht eine Höhe von etwa 5 Metern. Vor allem junge Triebe sind mit kleinen Dornen besetzt, die als Sprossabwandlungen in den Blattachseln entspringen. Typisch ist der unter dem Blattansatz am Spross herablaufende Grad, der jungen Zweigen ein annähernd dreieckiges Profil verleiht, das mit dem einsetzenden sekundären Wachstum verschwindet. Dann färbt sich die vorher frisch grüne Rinde olivgrün um mit höherem Alter des Sprosses einer feinen gräulichen Rinde zu weichen.
Bild 3: Blattoberseite eines jungen Blattes
Die Laubblätter sind länglich-oval bis breit lanzettlich und zugespitzt. An den Blatt- rändern sind sie leicht gesägt oder gekerbt und der Blattstiel ist etwas verbrei- tert (geflügelt), wobei sich die Blattspreite mit einer Art Kerbe deutlich vom Blattstiel abgesetzt (unifoliates Blatt). Hier wird verschiedentlich von einem Gelenk gespro- chen und ein Längsschnitt würde sich sicher lohnen.
Bei Berührung verströmen junge Triebe und Blätter einen intensiven Zitro- nenduft, dessen Quelle wir uns noch näher ansehen werden.
Bild 4: Kerbe oder Gelenk am Übergang des geflügelten Blattstiels in die Blattspreite
Bild 5: Blüten von Meyers Zitrone, John Sullivan, Public Domain
Die bisweilen schwer süßlich duftenden Blüten erscheinen in Blütenständen von 5 bis 20 Einzelblüten verteilt über das ganze Jahr. Sie haben einen Durch- messer von etwa 20 bis 30 Millimetern und bestehen aus fünf verwachsenen Kelchblättern sowie fünf freien Blü- tenblättern. Der Fruchtknoten ist dick zylinderförmig und geht in den Griffel über. Die 20 bis 40 Staubblätter sind mit den Staubfäden zu mehreren Gruppen verwachsen. Dabei sind die Knospen zunächst rosa, während die ansonsten weißen Blütenblätter auf der Unterseite rosa bis violett gefärbt sind.
Die Bestäubung erfolgt in der Regel durch Insekten, aber auch Windbe- stäubung und Selbstbefruchtung durch direkten Kontakt der Staubblätter mit der Narbe sind, wie bei allen Arten der Gattung Citrus, häufig anzutreffen.
Bild 6: Meyers Zitrone - die Frucht. Aufnahme von Debra Roby aus Wikipedia unter CC BY 2.0
Die Zitronenfrucht selbst ist eine fleischige Beerenfrucht mit einer festen, ledrigen Schale (Endokarpbeere oder Hesperidium) und besteht aus acht bis zehn Segmenten, die mit hellgelben Saftschläuchen gefüllt sind. Jedes Segment ist von einem dünnen Häutchen (Endokarp) umgeben, die ganze Frucht von einer zweigeteilten Schale. Die innere Schicht der Schale ist weiß (Mesokarp, Albedo), die äußere bei der Reife satt gelb (Exokarp, Flavedo). In der Schale sitzen zahlreiche Öldrüsen, die ebenfalls den aromatischen Zitrusduft verströmen. An der Spitze der Frucht befindet sich meist eine kleine Ausstülpung. Die Samen sind relativ klein, glatt und zugespitzt und besitzen eine beige bis grünliche Samenhülle.
Wie andere Zitronen auch werden die Früchte der Meyers Zitrone vor allem gegessen, zumal die sie nicht ganz so viel Säure enthalten und einen aromatischeren Geschmack haben als andere Arten. Aber auch als Zierpflanze findet man die schöne Art oft - so auch in unserem Garten.
Theophrast empfiehlt den medischen Apfel (Zitronatzitrone) zur Abwehr von Motten. Durch James Lind wurde Zitronensaft wegen seines Vitamin C Gehalts im 18. Jahrhundert als Mittel gegen Skorbut bekannt. Vereinzelt und vermutlich erfolglos wurde Zitronensaft auch als Verhütungsmittel verwendet.
Bild 7: Eine schöne Illustration - leider von Citrus limon und nicht von der sehr ähnlichen Citrus x meyeri. Zeichnung von Hermann Adolf Köhler (1834 - 1879), Köhler's Medizinalpflanzen, 1887. Das Bild stammt aus Kurt Stübers biolib.de
Als Heildroge findet das Zitronenöl, also das ätherische Öl aus den frischen Fruchtschalen, sowie die getrockneten Fruchtschalen selbst Verwendung. An Wirkstoffen stehen hier Limonen (65–70 %) und das für den Geruch typischen Citral im Vordergrund.
In der Fruchtschale finden sich weitere Inhaltsstoffe: die bitter schmeckenden Flavonoide Neohesperidin und Naringenin, das nicht bittere Rutin sowie Hydroxycumarine, Furanocumarine, Zitronensäure und Pektine.
Häufig findet man die Zitronenschale in Hausteemischungen bzw. in Früchtetees. Die Verwendung des ätherischen Öls erfolgt vor allem als Geschmacks- und Geruchskorrigens, in Einreibungen zuweilen auch als leichtes Hautreizmittel. Isolierte Citrus-Flavonoide sind in Präparaten gegen Venenerkrankungen und in solchen gegen grippale Infekte enthalten.
Präparation
Nach der Probenahme von den gekürzten Zweigen meiner Pflanze habe ich je ein frisches Stück vom Spross (knapp unter dem Blattansatz) und vom Blatt auf dem Handzylindermikrotom mit Leica Einmalklingen im SHK-Klingenhalter quer geschnitten. Die Schnittdicke beträgt ca. 50 µm. Der Spross wurde dabei freistehend eingespannt und das Blatt bekam Unterstützung durch eine Möhre. Wer möchte, findet
hier weitere Informationen zum Schnitt mit dem Handzylindermikrotom.
Einige Aufnahmen vom Frischmaterial vor der Fixierung und Färbung ergänzen später die Bilder von den Präparaten.
Gefärbt habe ich die Schnitte von Spross und Blatt - nach ca. 20-minütiger Schnittfixierung in AFE - mit dem W3Asim II Farbstoff von Rolf-Dieter Müller. Entsprechende Arbeitsblätter können im
Downloadbereich unserer Webseite herunter geladen werden. Nach der Färbung wurde vor dem Entwässern durch häufiges Spülen mit jeweils frischem Aqua dest. sanft differenziert.
Eine ausführliche Beschreibung der W3Asim-Färbungen finden Sie auch auf unserer Webseite:
zum Artikel von Rolf-Dieter Müller.
Eingedeckt sind die Schnitte - nach gründlichem Entwässern in reinem Isopropanol - in Euparal.
Verwendete Technik
Alle Aufnahmen entstanden auf dem Leica DM E mit den Objektiven NPlan 5 und 40x sowie den 10x und 20x PlanApos. Die Kamera ist eine Canon Powershot A520 mit Herrmannscher Okularadaption. Zur Zeit nutze ich am Adapter ein Zeiss KPL 10x, das mit den Leica-Objektiven sehr gut harmoniert. Die Steuerung der Kamera erfolgt am PC mit dem Programm PSRemote und der Vorschub wird manuell anhand der Skala am Feintrieb des DM E eingestellt.
Alle Mikroaufnahmen sind mit Zerene Stacker V1.04 (64bit) gestackt. Die anschließende Nachbereitung beschränkt sich auf die Normalisierung und ein leichtes Nachschärfen nach dem Verkleinern auf die 1024er Auflösung (alles mit XNView in der aktuellen Version). Bei stärker verrauschten Aufnahmen lasse ich aber auch mal Neat Image ran.
Auch die Auflicht-Aufnahmen sind unter dem Mikroskop mit dem 10x PlanApo entstanden. Beleuchtet habe ich mit zwei Jansö-Leuchten und einem zurecht geschnittenen Plastikbecher als Diffusor. Das Übersichtsbild vom Spross hingegen ist eine Makroaufnahmen mit der Canon Powershot S3is. Dazu lag das Präparat direkt auf der Frontlinse der Kamera. Beleuchtet habe ich von Oben mit einer Jansjö durch ein Blatt Papier als Diffusor.
Der Spross
Bild 8: Makroaufnahme vom gefärbten Sprossquerschnitt
Werfen wir zunächst einen Blick auf den einjährigen Spross. Wie oben beschrie- ben, entsteht durch den an den Blattansätzen herablau- fenden Grad ein annähernd dreieckiger geformter Quer- schnitt. Links im Bild ist ein Blattansatz zu erkennen, ansonsten finden wir den bei den Dikotyledonen üblichen Sprossaufbau mit einem innen liegenden Mark, das von einem Ring aus Xylem und Phloem mit dazwischen liegendem Cambium umgeben ist. Nach außen hin folgt nun das Rindenparenchym, die Epidermis und darauf aufliegend die Cuticula, ein Bild, das sich mit der Bildung des Periderms ändern wird. Auffällig sind hier die vielen lysigenen Öldrüsen (Sekretkammern) im Rindenparenchym. Deren Lage ist auch in Bild 2 an den kleinen Vertiefungen in der Spross- oberfläche gut zu erkennen.
Übersicht über den Sprossaufbau
Wer die Beschriftung nachlesen möchte, findet
hier auf unserer Webseite eine Tabelle mit den Kürzeln und den zugehörigen allgemeinen Erläuterungen zum Herunterladen. Diese gilt natürlich auch für die noch folgenden Bilder.
Schauen wir uns eine der Sekretkammern im Rindenparenchym des Prosses noch einmal etwas genauer an. Die Kammer entsteht durch Auflösung der betroffenen Zellen, die dabei die gebildeten ätherischen Öle freigeben (lysigene Entstehung). In der Epidermis finden sich in regelmäßigen Abständen Zellen, die einen rhomboedrischen Kristallidioblasten enthalten. Dieser besteht aus Calciumoxalat und leuchtet aufgrund der doppelbrechenden Eigenschaft des Materials in polarisiertem Licht auf.
Sekretkammern und Kristallidioblasten im Spross
Das Blatt
Auch im Blatt zeigen sich schon beim Blick mit dem unbewaffneten Auge und besonders im Gegenlicht, viele helle Flecken, die auf Sekretkammern hinweisen.
Bild 21: Auch im Blatt von Meyers Zitrone sind in regelmäßigen Abständen Sekretkammern zu erkennen. Makroaufnahme im Gegenlicht.
Bild 22: Öffnung einer Sekretkammer bei 50facher Vergrößerung
Auch ein einfaches mikro- skopisches Bild bei 50facher Vergrößerung im kombinier- ten Durch- und Auflicht hilft nicht wirklich weiter: es ist nur eine helle Stelle zu erkennen, die - ähnlich wie bei den Kammern im Spross - sicher zu einer "Sollbruch- stelle" am oberen Rand der Sekretkammer gehört. Also muss das Messer her! In den frischen und gefärbten Blattquerschnitten sind die lysigenen Ölkammern und ihre Lage im Blatt besser zu erkennen und natürlich gelingt uns damit auch ein allgemeiner Blick auf die Anaotmie des Blattes.
Anatomie des Blattes - Mittelrippe und Spreit
Neben den vielen und sehr großen lysigenen Sekretkammern, die bei einer Höhe von rund 170 µm einen Durchmesser von rund 260 µm erreichen und auch im Parenchym der Mittelrippe zu finden sind, finden wir auch auf der Blattober- und -unterseite Kristallidioblasten wie perlen auf einer Schnur. Ansonsten sehen wir den klassischen Aufbau eines bifazialen Laubblattes mit einem Palisadenparenchym an der Blattoberseite und einem Schwammparenchym an der Blattunterseite. Die gut ausgeprägte Cuticular dient dem Verdunst- ungsschutz und stellt eine Anpassung an trockene Standorte dar.
Eine Sekretkammer des Blattes im Detail
Diesmal ist die Kammer nicht genau mittig getroffen, daher tritt die Sollbruchstelle oder Austrittsöffnung nicht ganz so deutlich hervor. An den Kammerrändern sind noch schön die Reste von Zellen zu erkennen, die das Lumen der Kammer ausgefüllt haben. Ein guter Hinweis auf die lysigene Entstehung - also durch Auflösung der Zellen am Ort der Sekretkammer.
Anatomie des Blattes - der Blattstiel
Betrachtet man das Flügelchen am dem Blatt zugewandten Ende des Blattstiels im Querschnitt, findet man exakt den gleichen Aufbau wie in der Blattspreite. Auch das zentrale Leitbündel im Blattstiel gleicht dem in der Mittelrippe, es gibt jedoch sklerenchymatische Zellen im Markparenchym und statt eines Sklerenchymrings finden wir ein Kollenchym um das Phloem. Unnötig zu sagen, dass wir auch wieder Kristallidioblasten und Sekretkammern finden. Die folgende Makroaufnahme zeigt die Schnittführung und die gewohnten helleren Punkte, die auf die darunter liegenden Sekretkammern hinweisen.
Bild 44: Geflügelter Blattstiel am Blatt von Meyers Zitrone mit Schnittführung für die vorangegangenen Mikro-Aufnahmen.
Literatur
[1] Anatomy of Seed Plants, 2nd Edition
Katherine Esau, Wiley-India Reprint 2011.
[2] Pflanzenanatomisches Praktikum I
Braune, Leman, Taubert, Spektrum 2007.
[3] Botanische Schnitte mit dem Zylindermikrotom
Jörg Weiß, MBK 2011
[4] Wacker für Alle
W3Asim Färbungen von Rolf-Dieter Müller, MKB 2011
[5] Tabelle der Abkürzungen zur Pflanzenanatomie
Jörg Weiß, MKB 2013
Bildquellen
- Bild 1: Blütenstand von Citrus x meyeri
Quelle: Wikipedia, 2013; User "Nadiatalent" (CC BY SA 3.0)
- Bild 5: Blüten von Citrus x meyeri
Quelle: Wikipedia, 2013, John Sullivan (Public Domain)
- Bild 6: Frucht von Citrus x meyeri
Quelle: Wikipedia, Debra Roby (CC BY 2.0)
- Bild 7: Illustration zu Citrus limonum
Zeichnung aus Köhler's Medizinalpflanzen (1870)
von Hermann Adolf Köhler (1834 - 1879)
biolib.de, Kurt Stüber
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