Die Chilenische Araukarie (Araucaria araucana)

Bild 1: Weiblicher Zapfen der Chilenischen Araukarie
Jörg Weiß, vom 28.01.2018
Nachdem man bei der Betrachtung der Wollemie nicht an den Araukarien vorbei kommt, musste ich mir auch einmal einen Vertreter dieser Gattung ansehen: die Chiletanne oder Chilenische Araukarie ist seit etwa den 1980er Jahren ein gern gesehener Gast in unseren Gärten und fühlt sich mit unseren milder werdenden Wintern zunehmen wohler bei uns. Diesmal stammt meine Probe nicht aus dem Botanischen Garten Bonn, der auch etliche teils recht große Exemplare von Araucaria araucana beherbergt, sondern aus der Nachbarschaft. Es hat mich sehr gefreut, dass ich auf spontane Nachfrage eine Probe nehmen durfte, dafür auch hier noch einmal vielen Dank!
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Interessantes zur Chilenischen Araukarie

Bild 2: Die Krone einer Chiletanne ragt über der umgebenden Vegetation; Wikipedia, von Scott Zona, CC BY-SA 2.0
Die Chilenische Araukarie (Araucaria araucana, Syn.: A. imbricata, A. chilensis, Dom- beya chilensis), auch Andentanne, Chiletanne, Schlangen- baum, Schuppentanne, Affenschwanz- baum oder Chilenische Schmucktanne sowie Monkey Puzzle Tree genannt, ist eine Pflanzenart aus der Gattung der Araukarien (Araucaria) in der Familie der Araukariengewächse (Araucaria- ceae) und steht somit der Wollemia deutlich näher als die Arten der Gattung Agathis, die ebenfalls zur Familie Arau- cariaceae gehört.
Araucaria araucana stammt aus den Anden in Chile (gleich- namige Región de la Araucanía) und Argentinien, genauer gesagt aus Südchile und aus Patagonien. Dort wächst sie im gemäßigten Klima in Höhenlagen von 600 bis 1.700 m. ü. NN. Die Niederschläge liegen zwischen 1.000 und 4.500 mm pro Jahr. Die Extremtemperaturen liegen bei -20 °C und +30 °C. In Europa ist die Araukarie nur in den milderen Gegenden Nordwesteuropas winterhart und erreicht dort Wuchshöhen von bis zu 30 Meter.
Die Chilenische Araukarie wurde in Europa durch den Biologen und Mediziner Archibald Menzies etwa im Jahr 1795 bekannt gemacht. Die englische Bezeichnung „Monkey Puzzle Tree“ rührt von einem Kommentar eines Engländers um 1800, der meinte, diesen Baum mit seinen dolchartigen Blättern zu erklimmen, sei selbst für einen Affen eine kaum lösbare Aufgabe (allerdings leben im natürlichen Verbreitungsgebiet der Chilenischen Araukarie gar keine Affen). Auf Mapudungun, der Sprache der Mapuche, heißt der Baum pewen, in spanischer Schreibweise Pehuén; diese Bezeichnung setzt sich im Englischen als Alternative durch.

Bild 3: Ein lichter Chiletannenwald mit alten Bäumen im Parque Nacional Huerquehue (Chile); Wikipedia, Jason Holliger, CC BY-SA 2.0
Araucaria araucana ist ein immergrüner Baum, der in seiner Heimat Wuchshöhen von 30 bis 40, selten bis zu 50 Meter bei einem Stamm- durchmesser von 1 bis 2 Meter erreicht. Chilenische Araukarien wachsen sehr langsam: der Jahreszuwachs beträgt selten mehr als 30 Zentimeter. Dabei erreichen sie ein hohes Alter, bis zu 2.000 Jahre alte Exemplare sind nachgewiesen. Als Nutzholz werden meist etwa 500 Jahre alte Bäume verwendet. Der Baum bildet mehrere tief gehende Wurzeln und eine eiförmige bis schirmförmige Krone aus. Die sehr biegsamen Äste stehen in Quirlen von 3 bis 7 Zweigen zusammen und gehen waagerecht vom Stamm ab. Im Alter von etwa 100 Jahren werden die unteren Zweige abgeworfen und der gerade, zylindrische Stamm verkahlt nach und nach, wenn er auch seine Blätter verliert. Alte Bäume sind oft nur noch in der Spitze beastet.

Bild 4: Stamm einer jüngeren Chiletanne, mit Blättern und Zweigen
Die 10 bis 14 Zentimeter dicke Rinde mit dunkelgrauer Borke bietet der Chilenischen Araukarie Schutz vor Feuer und der Hitze heißer Asche nach Vulkanausbrüchen. Sie macht bis zu 25 % des Stammvolumens aus. Das ockergelbe Kernholz unterscheidet sich farblich nur geringfügig vom Splintholz, Jahresringe sind nur schwer zu erkennen. Die Rohdichte des leicht zu bearbeitenden Holzes liegt bei 0,67 g/cm³.

Bild 5: Rinde einer alten Chiletanne; Wikipedia, von Scott Zona, CC BY-SA 2.0
Zweige, Äste und die Stämme von jungen Bäumen sind dachziegelartig mit den sehr harten und ledrigen dreieckigen und glänzend dunkelgrünen Blättern besetzt. Diese sind 2,5 bis 3 Zentimeter lang und 1,5 bis 2 Zentimeter breit und spiralig angeordnet. Die Blätter laufen in einem scharfen, braunen Dorn aus und stehen insbesondere an den jungen Zweigen so dicht, dass der Spross nicht zu sehen ist. Sie weisen an der Ober- und Unterseite Spaltöffnungen auf, deren Lage auf beiden Blattseiten an feinen Cutinlinien zu erkennen ist.

Bild 6: Junger Trieb der Chiletanne, die Dornen an der Blattspitze sind noch nicht vollständig ausgebildet; Wikipedia, von User MdE, CC BY-SA 3.0
Die Chilenische Araukarie ist einhäusig (monözisch) oder zweihäusig (diözisch) getrenntgeschlechtig und bildet mit etwa 15 Jahren erstmalig Zapfen aus. Die einzeln oder in Gruppen endständig aufrecht stehenden, männlichen Blütenzapfen sind zapfenförmig, dunkelbraun, etwa 8 bis 12 Zentimeter lang, 4 bis 5 Zentimeter breit und bleiben nach dem Pollenflug im Juni noch monatelang am Baum. Sie besitzen spiralig angeordnete, sich dachziegelartig überlappende, dornige Schuppen.

Bild 7: Männliche Zapfen von Araucaria araucana; Wikipedia, von H.Zell, CC BY-SA 3.0
Die kugeligen weiblichen Blütenzapfen, cabezas (spanisch für „Köpfe“) genannt, erscheinen einzeln an der Oberseite der Zweige und reifen im zweiten Jahr. Sie weisen eine Länge von 10 bis 18 Zentimetern bei einem Durchmesser von 15 bis 20 Zentimetern auf, sind anfangs grün mit goldgelben Dornen und werden später zu braunen Zapfen, die noch am Baum aufbrechen und dann bis zu 200 ungeflügelte, rötlich-braune Samen freigeben. Diese werden piñones („Pinienkerne“) genannt, sind vier bis fünf Zentimeter lang und zwischen 1,5 und zwei Zentimeter breit. Sie haben einen leicht abgeflachten, länglich-keilförmigen Umriss. Das Tausendkorngewicht schwankt zwischen 3.300 und 5.000 g.

Bild 8: Weiblicher Zapfen der Chilenischen Araukarie, aus Wikipedia, von User Sciadopitis, CC BY-SA 2.0
Wegen des langen und geraden Stammes wird der Baum gerne als Nutzholz geschlagen und ist in Chile vom Kahlschlag bedroht. Der Handel ist inzwischen weltweit verboten, die Araukarie wird auf der Roten Liste als „stark gefährdet“ („endangered“) geführt. In Chile wurde ein striktes Nutzungsverbot erlassen. Auch in Argentinien ist die Art geschützt, es wird aber von einer Nutzung außerhalb von Schutzzonen berichtet.
Kurz zur Präparation
Geschnitten wurden jeweils frische Proben vom Blatt in der Blattmitte und an der Blattspitze. Das Blatt ist so derb, dass es freistehend geschnitten werden kann, beim Einspannen besteht aber die Gefahr, dass es wegen der Wölbung um die Längstachse bricht. Die Schnittdicke beträgt etwa 50 µm.
Nach einer Schnittfixierung in AFE für ca. 24 Stunden wurden die Schnitte in Aqua dest. überführt und für gut 90 Sekunden mit Klorix (1:4 in Aqua dest. als Ersatz für Eau de Javelle) behandelt und nach sehr gutem Ausspülen für wiederum etwa 24 Stunden mit Chloralhydrat (250g auf 100ml Aqua dest.) gebleicht.
Gefärbt habe ich mit W3Asim II nach Rolf-Dieter Müller für 7 Minuten mit einmaligem kurzen Erwärmen bis kurz vor den Siedepunkt.
Eine Beschreibung der Färbung finden Sie hier auf unserer Webseite:
W3Asim II im Vergleich.
Nach der Färbung wurden die Schnitte in Aqua dest. für 24 Stunden mit mehrmaligem Wechsel sanft differenziert.
Eingedeckt sind die Schnitte - nach gründlichem Entwässern in reinem Isopropanol - in Euparal.
Weitere Informationen zur Erstellung botanischer Dauerpräparate finden Sie auf der zugehörigen
Themenseite.

Bild 9: Fertig gefärbte Schnitte bereit zum Eindecken
Die verwendete Technik
Die Aufnahmen sind auf dem Leica DMLS mit dem 5x NPlan sowie den 10x, 20x und 40x PlanApos entstanden. Auch ein 100x Planfluotar war im Einsatz. Die Kamera ist eine Panasonic GX7, die am Trinotubus des Mikroskops ohne Zwischenoptik direkt adaptiert ist. Die notwendigen Einstellungen zum Weißabgleich und der Belichtungszeit wurden direkt an der Kamera vorgenommen, die Auslösung erfolgten mit einem einfachen kabel- gebundenen Fernauslöser. Der Vorschub erfolgt manuell anhand der Skala am Feintrieb des DMLS.

Bild 10: Das Leica DMLS des Autors mit direkt adaptierter Kamera Panasonic GX7
Alle Mikroaufnahmen sind mit Zerene Stacker V1.04 (64bit) gestackt. Die anschließende Nachbereitung beschränkt sich auf die Normalisierung und ein leichtes Nachschärfen nach dem Verkleinern auf die 1024er Auflösung (alles mit XNView in der aktuellen Version). Bei stärker verrauschten Aufnahmen lasse ich aber auch mal Neat Image in der Version 8.0 ran.
Das Blatt im Querschnitt
Um das schöne Bild der Äste nicht zu stören, habe ich mein Probeblatt unten am Stamm der Pflanze genommen. Es ist etwa 9 Jahre alt. Geschnitten habe ich etwa in der Blattmitte und weiter oben unterhalb des Dorns, es gibt hier jedoch keine signifikanten Unterschiede neben der äußeren Form des Querschnitts und den etwas kleineren Leitbündeln.

Bild 11: Makro von der Blattoberseite der Probe, mit Schnittführung

Bild 12: Makro von der Blattunterseite der Probe
Schauen wir uns den Blattquerschnitt aus der Blattmitte (S1) zunächst in der Übersicht an:
Bilder 13a,b: Gefärbter Querschnitt aus der Blattmitte

Bild 13a: Gefärbter Querschnitt aus der Blattmitte; Vergrößerung 50x, Stapel aus 44 Bildern

Bild 13b: Die selbe Aufnahme wie in Bild 13a, jedoch mit Beschriftung
Bereits hier ist der Aufbau des Blattes gut zu erkennen: wir finden zunächst eine ausgeprägte Cuticula, unter der sich eine einreihige Epidermis befindet. Diese liegt auf einer vielreihigen, sklerenchymatischen Hypodermis, die nur an den Stomata unterbrochen ist, um Platz für einen substomatären Interzellularraum zu lassen, der aber recht klein ausfällt. Darunter liegt ein ein- bis zweireihiges Assimilationsparenchym. An der Blattunterseite wiederholt sich dieser Aufbau. In der Mitte dieser Schichten liegt das Schwammparenchym, in das die Leitbündel mit anliegenden Trans- fusionstracheiden und viele Sekretgänge eingebettet sind. Im Blattquerschnitt verteilt finden sich immer wieder große, sklerenchymatische Idioblasten. An der Blattunterseite gibt es eine Art stabilisierenden Kiel, bei dem die Hypodermis nicht von Stomata unterbrochen ist.
Leider ist hier und in den folgenden Bildern nichts von den Compartemented Cells zu sehen, die bei der Einordnung von Wollemia nobilis eine so große Rolle gespielt haben. Wir finden lediglich große leere Zellhüllen. Eventuell ist das Blatt zu alt und die Schleimstoffe wurden bereits resorbiert?
Informationen zu den Abkürzungen im Bild 13b sowie den folgenden beschrifteten Bildern finden Sie wie immer hier auf der Webseite des MKB:
Tabelle mit den Kürzeln und den zugehörigen allgemeinen Erläuterungen.
Schauen wir nun an auf den Blattrand, wieder bei einem Schnitt aus der Blattmitte:
Bilder 14a-d: Blattrand aus der Blattmitte
Am Blattrand finden wir die gleichen Features wie in der Blattmitte. Zum Rand hin werden die Leitbündel kleiner und es gibt auch dort ein massives Stück Hypodermis zur Versteifung. Selbstredend sind auch wieder Sekretgänge und Idioblasten zu finden.
Bilder 15a,b: Der Blattrand an der Blattspitze im Querschnitt

Bild 15a: Der Blattrand an der Blattspitze im Querschnitt, Vergrößerung 100x, Stapel aus 55 Bildern

Bild 15b: Die selbe Aufnahme wie im Bild zuvor, jedoch mit Beschriftung
Auch hier gibt es nichts Neues zu entdecken, vom ästhetischen Gesichtspunkt her gefällt mir das Bild aber ausnehmend gut.
Jetzt geht es an die Innereien!
Bilder16a-c: Leitbündel, Idioblast und Sekretgang
Wir sehen ein von einer Bündelscheide umgebenes, geschlossen kollaterales Leitbündel, das genau wie bei der Wollemie viele "zugequollene" Phloemzellen aufweist. Auch hier haben wir es also mit Nacréwänden zu tun. Oberhalb des Leitbündels finden wir einen großen Bereich mit Transfusionstracheiden und unterhalb eines kleinen Nest mit Sklerenchymfasern.
Der Idioblast ist eine abgestorbene Zelle mit recht dünnen, sklerenchymatischen Zellwänden. Auf diesen sind viele, hier sehr schön rhombenförmige Calciumoxalatkristalle zu erkennen. Diese finden sich aber auch auf außen auf den Zellen des Schwammparenchyms, was die Aufnahme 14c sehr schön zeigt. Diese Form der Calciumoxalatablagerung haben wir nun schon bei vielen altertümlichen Pflanzen gesehen, als Beispiele seien hier die Wollemie (wollemia nobilis), die Spießtanne (Cunninghamia lanceolata) und die Welwitschie (Welwitschia mirabilis) genannt.
Bleibt der Sekretgang, der innen mit einem Drüsenepithel aus dünnwandigen Drüsenzellen ausgeschlagen ist.
Die Idioblasten sind im ungefärbten Schnitt kaum zu erkennen:
Bilder 17a,b: Idioblasten im frischen, ungefärbten Schnitt

Bild 17a: Idioblasten im frischen, ungefärbten Schnitt; Vergrößerung 200x, Stapel aus 75 Bildern

Bild 17b: Die selbe Aufnahme wie im Bild zuvor, jedoch mit Beschriftung
Man muss schon recht genau hin schauen, um die großen, verzweigten Zellen zwischen Assimilations- und Schwammparenchym zu entdecken.
Das Leitbündel schauen wir uns noch einmal genauer an:
Bilder 18a-c: Leitbündel im Querschnitt
Das Auffälligste hier sind sicher die Nacréwände der Phloemzellen und das Transfusionsgewebe. Die parenchymatischen Zellen zwischen dem Xylem und den Transfusionstracheiden deute ich als Transfusionsparenchym (ohne Beschriftung). Spannend ist, dass die von den Transfusionstracheiden eingenommene Fläche größer ist, als die der "klassischen" Leitbündelgewebe Xylem und Phloem zusammen.
Wenden wir uns noch einmal den Abschlussgeweben mit den Stomata zu:
Bilder 19a-d: Abschlussgewebe und Stomata
Besonders beeindruckend ist die gut 20µm dicke Cuticula, in der leicht eingesenkt dicht an dicht die Stomata vom Coniferales-Typ liegen. Und das auch schon einmal direkt nebeneinander, wie die Bilder 19c&d zeigen.
Variabilität anhand der Transfusionstracheiden verschiedener Proben
Zwei Kollegen aus dem MKB und ich treffen uns seit einiger Zeit regelmäßig zum Präparieren und Fachsimpeln. Zum Termin Anfang Januar hatte ich noch einmal eine Probe von einer Chilenischen Araukarie aus einem Vorgarten in der Nähe meiner Arbeitsstätte mit gebracht, da ich die Querschnitte sehr interessant finde und man so was ja nicht alle Tage unter dem Messer hat (obwohl: wenn man drauf achtet, die Pflanze ist gerade vor den Häusern sehr häufig anzutreffen ...).
Meine zwei Blättchen stammen von einem sehr schönen Baum, der mit gut 8 Metern Höhe und kräftigem Wuchs sicherlich um die 20, vielleicht auch 25 Jahre alt ist.

Bild 20: Der Zweig, von dem ich die Blätter aus der vergangenen Wachstumsperiode 2017 entnommen habe

Bilder 21: Hier die beiden Blätter bereit zur Präparation
Ich war ein wenig neugierig, da ich diesmal ja ein Zweigblatt von einem älteren Baum hatte, im Gegensatz zu dem Sprossblatt aus dem 2. oder 3. Wachstumsjahr der ersten Probe oben. Eigentlich habe ich keine Neuigkeiten erwartet, aber oft wird man ja überrascht ...
Zunächst einmal zeigt sich der Blattaufbau aber wie erwartet und schon weiter oben beschrieben:
Bilder 22a,b: Blattquerschnitt der neuen Probe in der Übersicht

Bild 22a: Blattquerschnitt der neuen Probe in der Übersicht, W3Asim II; Vergrößerung 50x, Stapel aus 50 Bildern

Bild 22b: Die selbe Aufnahme wie im Bild zuvor, jedoch mit Beschriftung
Da die Anatomie identisch ist, finden Sie eine genauere Beschreibung des Gesehenen unter den Bildern 13 und 14.
Der Blick ins Detail zeigt den interessante Blattaufbau genauer:
Bilder 23a-d: Details des Querschnittes
Auffällig ist hier, dass nur auf dem großen sklerenchymatischen Idioblasten Calciumoxalatkristalle zu finden sind. In der ersten Probe waren diese auch auf den Parenchymzellen des Mesophylls vorhanden (vergleiche Bild 16c). Ein Umstand der sicher dem geringen Alter des Blattes und eventuell auch einer anderen Bodenbeschaffenheit geschuldet ist.
Ihnen ist aber sicher schon aufgefallen, worauf ich eigentlich hinaus will: die die Leitbündel begleitenden Transfusionstracheiden nehmen beim hier gezeigten Blatt deutlich mehr Raum ein, als in der ersten Probe. Dort hatten wir in etwa die gleiche Flächenaufteilung zwischen Xylem und Phloem und den Transfusionstracheiden (vergleiche Bilder 18), hier ist das Verhältnis etwa 1:4 bis 1:5 zu Gunsten der Transfusionstracheiden.
Bilder 24a,b: Leitbündel mit Transfusionstracheiden

Bild 24a: Leitbündel mit Transfusionstracheiden und ein Sekretgang; Vergrößerung 200x, Stapel aus 38 Bildern

Bild 24b: Die selbe Aufnahme wie im Bild zuvor, jedoch mit Beschriftung
Was steckt da dahinter? Liegt es am unterschiedlichen Alter der Blätter? An dem unterschiedlichen Aufbau eines frühen Blattes im Vergleich zu einem Blatt eines älteren Baums? Oder einfach daran, dass die Probe von unterschiedlichen Pflanzen stammt, die eben eine gewisse Variabilität aufweisen? Hier vielleicht bedingt durch eine bessere Wasserversorgung? Die Schnittstelle lag jedenfalls bei beiden Blättern etwa in der Mitte - der Anteil des Transfusionsgewebes nimmt in den allermeisten Fällen zur Blattspitze hin zu.
Wie geht man das an? Zunächst einmal habe ich mich daran erinnert, von zwei lieben Kollegen auf dem letzten Dörnberg-Treffen Blattquerschnitte der A. araucana erhalten zu haben. Also schnell mal nachgeschaut! Auch hier noch einmal vielen Dank für die Präparate!
Bilder 25a,b: Blattquerschnitt von Wolfgangs Grigoleits Präparat

Bild 25a: Blattquerschnitt von Wolfgangs Grigoleits Präparat, W3Asim II; Vergrößerung 400x, Stapel aus je 27 Bildern

Bild 25b: Die selbe Aufnahme wie im Bild zuvor, jedoch mit Beschriftung
Schnitt von Bodo Braunstorfinger, weitere Präparation von Wolfgang Grigoleit. Zur Pflanze selbst und der Lage des Blattes so wie der Schnittlage ist nichts bekannt.
Uups, hier muss man ja richtig suchen. Rechts und links des Xylems finden sich je nur wenige Transfusionstracheiden. Dafür ist der schleimige Inhalt der charakteristischen Compartmented Cells in Form grauer Artefakte noch sehr schön zu sehen.
Bilder 26a,b: Blattquerschnitt von Rainer Teubners Präparat

Bild 26a: Blattquerschnitt von Rainer Teubners Präparat, Etzold FCA; Vergrößerung 400x, Stapel aus je 37 Bildern

Bild 26b: Die selbe Aufnahme wie im Bild zuvor, jedoch mit Beschriftung
Schnitt und Präparation von Rainer Teubner. Hier das gleiche Bild wie oben: nur einige wenige Transfusionstracheiden an den Seiten des Xylems. Die Form des Querschnitts lässt aber vermuten, dass das Blatt nahe der Anwachsstelle am Spross (basal) geschnitten wurde.
Das würde passen, da die Menge der Transfusionstracheiden regulär zu Blattspitze hin zu nimmt (siehe auch bei der
Wollemie, Bilder 51 und 52). Obwohl der Unterschied bei den vier Blättern und Schnittlagen hier schon frappierend ist.
Also noch mal auf in den Botanischen Garten der Universität Bonn, wo ich nach höflicher Nachfrage auch wieder die Erlaubnis erhielt, einige Proben zu nehmen.

Bild 27: Das Chiletannen-Ensemble im Botanischen Garten Bonn
Die Bäume hier sind auch alle schon älter, zeigen aber einen etwas "magereren" Wuchs im Vergleich zur Probepflanze oben in etwa gleichem Alter. Hier einige Detailaufnahmen von Ästen und dem Spross.
Bilder 28a-f: Detailaufnahmen von den Chiletannen im Botanischen Garten der Uni Bonn
Man sieht: die Wuchsformen und Größen der Blätter sind ja nach Lage an der Pflanze und auch an den Sprossspitzen selbst dicht nebeneinander stehender Pflanzen sehr unterschiedlich.
Diesmal habe ich zwei etwa 4 Jahre alte Blätter und ein etwa 12 Jahre altes Blatt vom basalen Teil eines Astes genommen. Eines der vierjährigen Blätter zeige ich hier im Querschnitt im oberen Drittel und das zwölfjährige Blatt im Längsschnitt. Die Färbung ist ein weiteres Mal W3Asim II nach dem gleichen
Protokoll wie bei den vorangegangenen Präparationen.

Bild 29: Probeblätter aus dem Botanischen Garten Bonn und Schnittführung
Bilder 30a-f: Querschnittsaufnahmen vom vierjährigen Bonner Blatt
Wieder etwas Neues: hier sind die Transfusionstracheiden nicht ganz so stark ausgeprägt, bedecken aber immer noch mehr als die doppelte Fläche von Xylem und Phloem.
Der Vollständigkeit halber hier noch einmal Querschnitte von der selben Probe im frischen ungefärbten Schnitt und im Polarisationskontrast.
Bilder 31a-e: Frischer ungefärbter Schnitt und Polarisationskontrast vom vierjährigen Blatt aus Bonn
Und da sind auch unsere Calciumoxalatkristalle wieder. Hübsch außen auf den Zellwänden der Mesophyllzellen verteilt.
Nun noch kurz zu den Längsschnitten!
Bilder 32a-f: Längsschnitte vom zwölfjährigen Blatt aus Bonn
Die Lage und Form der Transfusionstracheiden ist hier sehr schön zu erkennen. Insbesondere im Vergleich mit den entwicklungsgeschichtlich jüngeren Tracheen und Tracheiden sind die Zellen kurz rechteckig, fast würfelförmig und tragen an allen Wänden große Hoftüpfel.
Der Schnitt verläuft jeweils nicht ganz in einer Ebene relativ zum Leitbündel, so dass die unterschiedliche Dicke der Transfusionstracheidenschicht keine Aussage birgt.
Im Fazit kann man sagen, dass die Variabilität der Blattanatomie bei Araucaria araucana abhängig vom Alter, Standort, der Lage des jeweiligen Blattes an der Pflanze und der Lage des Schnittes am Blatt (basal - apikal) sehr hoch ist. Genauere Aussagen zu den Ursachen sind mit meiner kleinen Stichprobe leider nicht möglich.
Literatur und Links
[1] Pflanzenanatomie
Katherine Esau, Gustav Fischer Verlag, 1969
[2] Botany for Degree Students - Gymnosperms
Vasishta
, Sinha, Kumar, S.Chand Reprint 2016
[3] Pflanzenanatomisches Praktikum I
Braune, Leman, Taubert, Spektrum 2007
[4] Botanische Schnitte mit dem Zylindermikrotom
Jörg Weiß, MBK 2011
[5] W3Asim im Vergleich
Die W3Asim - Färbungen von Rolf-Dieter Müller, MKB 2014
[6] Tabelle der Abkürzungen zur Pflanzenanatomie
Jörg Weiß, MKB 2013
[7] Die Chilenische Araukarie bei Wikipedia
Wikipedia
Bildquellen
- Bild 2: Eine Chilenische Araukarie im Parque Nacional Villarica, Chile.
Wikipedia, von Scott Zona, CC_BY-SA_2.0.
-
Bild 3: Ein lichter Chiletannenwald mit alten Bäumen im Parque Nacional Huerquehue (Chile)
Wikipedia, von Jason Holliger, CC BY-SA 2.0
- Bild 5: Rinde einer alten Chiletanne
Wikipedia, von Scott Zona, CC BY-SA 2.0
- Bild 6: Junger Trieb der Chiletanne
Wikipedia, von User MdE, CC BY-SA 3.0
- Bild 7: Männliche Zapfen von Araucaria araucana
Wikipedia, von H.Zell, CC BY-SA 3.0
- Bild 8: Weiblicher Zapfen der Chilenischen Araukarie
Wikipedia, von User Sciadopitis, CC BY-SA 2.0
- Alle anderen Aufnahmen vom Autor des Artikels
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