Der Königsfarn (Osmunda regalis)
Bild 1: Habitus des Königsfarns an seinem sehr feuchten Standort Ende Mai
Jörg Weiß, vom 01.07.2021
Die Tage bin ich auf einem meiner Spaziergänge auf einen bei uns recht seltenen Gast gestoßen: am Abfluss eines ehemaligen Fisch- teichs habe ich eine Gruppe Königsfarne gefunden. Der feuchte Boden drum herum war den Spuren nach wohl in der Nacht vorher von einer Rotte Wildschweine durchwühlt worden. Ein Stückchen eines dabei abgebrochenen sterilen Wedels der geschützten Pflanze habe ich zum Präparieren mit genommen. Natürlich werfen wir wie immer zunächst einen Blick auf die Pflanze selbst.
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Interessantes zum Königsfarn
Der Königsfarn (Osmunda regalis), auch Gewöhnlicher Rispenfarn oder Königs-Rispenfarn genannt, ist eine Pflanzenart aus der Gattung der Rispenfarne (Osmunda) innerhalb der Familie der Rispenfarngewächse (Osmundaceae). Dabei ist Osmunda regalis die einzige in Europa vorkommende Art der Gattung.
Die Verbreitung von Osmunda regalis ist kosmopolitisch in den gemäßigten Gebieten der Nord- und Südhalbkugel. Man findet ihn z.B. von Nord-West-Afrika bis Skandinavien und von der Iberischen Halbinsel bis in den Nahen Osten. Auch in Nord- und Südamerika gibt es entsprechende Vorkommen (
Siehe eol.org).
In Deutschland hat der Königsfarn seinen Verbreitungsschwerpunkt in den Torfmoos-Erlen-Bruchwäldern des Nord-West-Deutschen Tieflandes. Auf den Friesischen Inseln gedeiht er sogar in den feuchten Tälern alter Stranddünen. Im Osten ist er etwas weniger verbreitet, in den Mittelgebirgsregionen fehlt er weitgehend und gilt insgesamt als gefährdet.
Bild 2: Wedeloberseite - sterile Fiederblättchen
Die wärmeliebende Art bevorzugt halbschattige bis licht schattige Standorte z.B. in Bruchwäldern, zwischen Weiden- und Gagelgebüschen. Sie liebt organische Nieder- oder Hochmoorböden in ausgesprochen atlantisch geprägte Lagen mit milden Wintern und niederschlagsreichen Sommern. Auf mineralisch geprägten Böden kommt sie in der Regel nicht vor.
Bild 3: Wedelunterseite - sterile Fiederblättchen
Der Königsfarn ist eine ausdauernde krautige Pflanze, die Wuchshöhen von bis 160, selten bis zu 200 Zentimetern erreicht. Aus dem Rhizom entwickeln sich jährlich mehrere lang gestielte, aufrechte Wedelblätter. Der Wedelstiel (Petiolus) ist nicht beschuppt. Die sterilen, hellgrünen Wedelteile sind doppelt gefiedert und wachsen ausgebreitet, was der Pflanze an idealen Standorten ein sehr stattliches Aussehen verleiht. Die einzelnen Fiederblättchen tragen eine feine gabelteilige Nervatur, die von beiden Seiten gut erkennbar ist.
Bild 4: Die jungen fertilen Fiedern am Wedelende
Anders als bei vielen anderen Farnen befinden sich die Sporenträger (Sori aus Sporangien) nicht auf der Unterseite der Blätter. Stattdessen sind die Fiedern im oberen Teil der Wedelblätter in in reifem Zustand rostbraune, ausschließlich Sporangien tragende, ährig angeordnete Abschnitte umgewandelt. Diese funktionale Aufteilung in ein grünes, steriles Nährblatt und ein braunes, fertiles Sporenblatt ist zusammen mit der Nervatur der sterilen Fiederblättchen ein stammesgeschichtlich sehr urtümliches Merkmal.
Allerdings ist der Übergang von den sterilen zur den fertilen Fiederblättern manchmal fließen: an Fiedern in einer solchen Übergangszone bilden sich dann bereits Sporangien an einzelnen Fiederblättern, während andere steril bleiben. Bei der von mir zuerst gefundenen Pflanzengruppe gab es keine Wedel mit einer solchen Übergangszone, bei einer neu entdeckten einzeln stehenden Pflanze gab es eine fertile Fieder mit einzelnen, nicht vollständig mit Sporangien besetzten Fiederblättern (Bild 5b).
Bild 5a: Detail der ebenfalls doppelt verzweigten fertilen Fiedern
Bild 5b: Fertile und (teils) sterile Fiederblätter einer Fieder aus der manchmal vorhandenen Übergangszone
Die Sporenreife findet in den Monaten Juni und Juli statt. Die einzelnen Sporangien öffnen sich dann an einem seitlichen Schlitz, ein bei stammesgeschichtlich jüngeren Farnen üblicher Öffnungsmechanismus (Anulus) fehlt. Die Sporen sind auf rasche Keimung ausgelegt und vertragen - wie die ganze Pflanze - keine lange Trockenperiode. Junge Königsfarne wachsen langsam und stehen daher insbesondere an weniger feuchten Standorten unter starkem Druck durch andere Kräuter und Gräser. Es dauert daher oft Jahre, bis sich ein Bestand sicher etabliert hat.
Bild 6a: Reife fertile Fiedern an einer Pflanze im Botanischen Garten Berlin
Bilder 6b-d: Sporangien und Spore
Im Herbst verfärbt sich das Laub hellbraun und stirbt ab, bleibt jedoch, wie bei vielen anderen Farnarten auch, noch lange stehen und sorgt so wohl auch für einen gewissen Frostschutz für das überdauernde Rhizom.
Noch eine Anmerkung zum Gattungsnamen der Königsfarne: die ausladenden, teils mannshohen Farnstöcke des Königsfarns haben Carl von Linné zum Gattungsnamen Osmunda gebracht, der sich vom sächsischen Namen des Donnergottes Thor - Osmunder - ableitet.
Bild 7: Illustration zum Königsfarn
Kurz zur Präparation
Geschnitten habe ich die Blattspindel (Rhachis) freistehend und das Fiederblatt in Möhreneinbettung auf dem Tempelchen (Zylindermikrotom im Halter als Tischmikrotom) mit Leica Einmalklingen 818 im SHK Halter und im neuen 14° Klingenhalter von Cutters.
Die Schnittdicke beträgt je ca. 50µm.
Anschließend habe ich wie immer einige Aufnahmen von den frischen, unfixierten Schnitten gemacht.
Fixiert wurden diese für ca. 18 Stunden in AFE. Nach Überführen in Aqua dest. waren die Schnitte dann bereit für die Färbung.
Die Färbung ist W3Asim I nach Rolf-Dieter Müller. Gefärbt habe ich mit dem Farbgemisch für ca. 8 Minuten mit einmaligem leichten Erwärmen.
Anschließend habe ich wieder gut mit Aqua dest. gespült und für ca. 8 Stunden mit einmaligem Wechsel des Wassers sanft differenziert.
Eingedeckt wurden die Schnitte nach gründlichem Entwässern mit reinem Isopropanol wie immer in Euparal.
Die verwendete Technik
Die Aufnahmen sind auf dem Leica DMLS mit dem NPlan 5x sowie den PlanApos 10x, 20x 40x und 100x entstanden. Die Kamera ist eine Panasonic GX7, die am Trinotubus des Mikroskops ohne Zwischenoptik direkt adaptiert ist. Die Steuerung der Kamera erfolgt durch einen elektronischen Fernauslöser. Die notwendigen Einstellungen zur Verschlusszeit und den Weißabgleich führe ich vor den Aufnahmeserien direkt an der Kamera durch. Der Vorschub erfolgt manuell anhand der Skala am Feintrieb des DMLS.
Alle Mikroaufnahmen sind mit Zerene Stacker V1.04 (64bit) gestackt. Die anschließende Nachbereitung beschränkt sich auf die Normalisierung und ein leichtes Nachschärfen nach dem Verkleinern auf die 1024er Auflösung (alles mit XNView in der aktuellen Version). Bei stärker verrauschten Aufnahmen lasse ich aber auch mal Neat Image ran.
Alle Mikroaufnahmen sind mit Zerene Stacker V1.04 (64bit) gestackt. Die anschließende Nachbereitung beschränkt sich auf die Normalisierung und ein leichtes Nachschärfen nach dem Verkleinern auf die 1024er Auflösung (alles mit XNView in der aktuellen Version). Bei stärker verrauschten Aufnahmen lasse ich aber auch mal Neat Image in der Version 8.0 ran.
Das Fiederblatt
Wir beginnen mit Querschnitten vom Fiederblatt.
Bilder 8a-f: Fiederblatt von Osmunda regalis im frischen, ungefärbten Schnitt
Schon am frischen, ungefärbten Schnitt lässt sich die Struktur des Fiederblattes gut erkennen. Betrachten wir zunächst die auf beiden Seiten leicht erhabene Mittelrippe (Bilder 8a&b): von innen nach außen sehen wir das völlig vom Phloem (Pl) umschlossene Xylem (Xl), wie es für Farne typisch ist. Darauf folgt etwas Parenchym und eine nur zu erahnende Endodermis (ED - im Bild nicht benannt ...). Nach außen schließen sich dann ein Rindenparenchym (RP), Kollenchym (Kol) und Epidermis (Ep) mit Cuticula (Cu) an. An der linken Seite der Aufnahme erkennen wir eines der von der Mittelrippe weg führenden Nebenleitbündel (NB), hier schön erkennbar anghand zweier längs angeschnittener Tracheiden.
In der Fläche des Fiederblatts (Bilder 8c&d)finden wir von oben nach unten zunächst die Epidermis (Ep) mit einer sehr dünnen Cuticula (Cu), gefolgt von einem nicht sehr stark ausgeprägten Assimilationsparenchym (AP) und einem Schwammparenchym (SP). Die Chloroplasten (CP) sind dabei in den Zellen des Assimilationsparenchyms in größerer Stückzahl vorhanden. Den Abschluss nach unten bilden dann wieder Epidermis und Cuticula. Das Fiederblatt hat insgesamt einen Durchmesser von ca. 210 µm.
Die letzten beiden Bilder 8e&f zeigen wieder einen Querschnitt der Fläche des Fiederblattes, diesmal aber mit 3 Stomata (St), die hier schön sichtbar werden, da sich die untere Epidermis beim Schnitt verschoben hat und wir somit von oben auf die noch geöffneten Spaltöffnungen und Schließzellen schauen. In diesen sind schön die Chloroplasten (CP) zu erkennen, die die Energie zum Aufbau des Turgors liefern, wenn der Blattspalt geöffnet werden soll. Die Stomata sind ca. 56 * 46 µm groß.
Wieder einmal zeigt sich: die meisten Strukturen lassen sich auch am frischen, ungefärbten Schnitt gut ansprechen.
Bilder 9a-f: Und nun die mit W3Asim I gefärbten Schnitte des Fiederblatts
Wie zu erwarten, sehen wir im Großen und Ganzen das Gleiche wie auf den Bildern der ungefärbten Schnitte. Die Endodermis (ED) um das zentrale Leitbündel der Mittelrippe (Bilder 9a&b) ist m.E. etwas besser erkennbar - ich habe trotzdem mal ein Fragezeichen daran gestellt. Auch lassen sich die Zelltypen etwas besser unterscheiden.
Dafür verblassen die Chloroplasten und sind z.B. in den Schließzellen nicht mehr zu erkennen. Allerdings tritt deren Zellkern nun hervor (Bilder 9e&f).
Alles in allem sehen wir einen relativ einfachen Querschnitt ohne besonders stark ausgeprägtes Assimilationsparenchym.
Die Rhachis
Wenden wir uns nun der Blattspindel (Rhachis) des Wedels zu. Da ich die geschützte Pflanze nicht weiter verletzen wollte, müssen wir auf den Wedelstiel (Petiolus) und weitere Pflanzenteile verzichten.
Bilder 10a-i: Rhachis von Osmunda regalis, frischer, ungefärbter Schnitt
Die Querschnitte der Rhachis und des Petiolus von Farnen - und auch Palmfarnen - finde ich immer faszinieren. Stets findet man überraschende Formen. Hier z.B. ist das Leitgewebe zu einem breiten Grinsen geformt.
Betrachten wir zunächst die Bilder 10a&b: wie schon bei der Mittelrippe finden wir ein innen liegendes Xylem (Xl), das vollständig vom Phloem (Pl) umschlossen ist. Unterfüttert von einigen Parenchymzellen ist das ganze von einer Endodermis umschlossen (ED ?) und beidseitig sichelförmig eingebogen. Eingebettet in einem Rindenparenchym (RP) ist das ganze von einem massiven Sklerenchymring (SKLR) umschlossen, auf dem Epidermis (Ep) und Cuticula aufliegen.
In den folgenden Bildern nun einige Details des Leitgewebes und wieder beschriftet eine "Nahaufnahme" eines der eingebogenen Enden der Leitgewebe sowie der Sklerenchymring im Detail. Bei den Sklerenchymzellen kann man schön die Tüpfelkanäle erkennen (TüK), spannender finde ich aber, dass im stark verengten Lumen dieser Zellen noch Chloroplasten (CP) zu finden sind. Die Zellen leben also noch und tragen auch zur Energiegewinnung bei.
Der Sklerenchymring macht die Rhachis sehr spröde: schon die kleinste Verkantung des Messerhalters oder eine zu ruppige Bewegung beim Schnitt führt zu den in den Bildern 10a&b zu sehenden Riss-Artefakten (Art). Da der Wedel an der Rhachis abgeknickt war, war ich froh, bei meinem Probestück noch einen unverletzten Teil zu finden, bei dem mir dann aber doch einige Schnitte schief gegangen sind.
Und nun das ganze noch mal in Farbe!
Bilder 11a-i: Rhachis von Osmunda regalis, mit W3Asim I gefärbter Schnitt
Auch wenn die einzelnen Gewebearten nun deutlicher hervortreten: die Tüpfelkanäle der Sklerenchymzellen und vor allem die Chloroplasten in ihrem verbliebenen Zelllumen sind - zumindest auf den Aufnahmen - nicht mehr zu erkennen. Hier ist der ungefärbte, frische Schnitt wieder im Vorteil.
Literatur und Links
[1] Mikroskopisch-botanisches Praktikum
Gerhard Wanner
, Thieme, 2. Auflage 2010
[2] Pflanzenanatomie
Katherine Esau, Gustav Fischer Verlag, 1969
[3] Botanische Schnitte mit dem Zylindermikrotom
Jörg Weiß, MBK 2011
[4] Botanische Färbungen im Vergleich
Jörg Weiß, MKB 2019
[5] Tabelle der Abkürzungen zur Pflanzenanatomie
Jörg Weiß, MKB 2013
[6] Flora von Deutschland und angrenzenden Ländern
Schmeil - Fitschen
Quelle & Meyer, 93. Auflage 2006, S. 171
[7] Die Farnpflanzen Zentraleuropas - Gestalt, Geschichte, Lebensraum
Rasbach, Kurt
Gustav Fischer Verlag, 1976, S. 196 ff.
[8] Der Königsfarn (Osmunda regalis)
Wikipedia, Stand 01.07.2021
[9] Verbreitung der Gattung Osmunda
Encyclopedia of Life, Stand 01.07.2021
Bildquellen
- Bild 7: Illustration zum Königsfarn
Aus Aus Flora von Deutschland Österreich und der Schweiz (1885),
Gerhard Thome, gemeinfrei
(Quelle www.biolib.de)
- Alle anderen Aufnahmen vom Autor des Artikels
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