Die Fingerblättrige Akebie

Bild 1: Die Fingerblättrige Akebie (Akebia quinata) in unserem Garten
Jörg Weiß, vom 28.04.2020
Diesmal, quasi aus Versehen, mal wieder was exotisches. Nachdem sich der Blattstiel eines Bär- lauchs als viel zu weich zum Schnippeln erwiesen hat - er hält seine Form hauptsächlich durch den Turgor der Zellen und ist überhaupt in der Küche viel besser aufgehoben - musste ich mir im Garten etwas anderes suchen. Der Blick viel auf eine Rankpflanze, die wir vor drei Jahren im Gartenhandel gekauft hatten, wo sie bei den Clematis stand. Ok, also die. Auf dem Weg zum Arbeitsplatz stellte sich natürlich gleich die Frage: was ist das eigentlich, das ich da abgeschnitten habe? Nun, dank der typischen Blätter und Blüten war die Pflanze schnell bestimmt. Sie zeigt, ähnlich wie die Arten der Familie Aristolochia (Osterluzei) ab der zweiten Wachstumsperiode verholzende Sprosse und das möchte ich hier in der Gegenüberstellung zeigen.
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Interessantes zur Fingerblättrigen Akebie
Bei meiner Gartenpflanze handelt es sich um die Fingerblättrige Akebie (Akebia quinata), die auch Fünfblättrige Akebie oder, aufgrund des würzigen Geruchs der Blüten, Schokoladenwein genannt wird. Sie ist eine Pflanzenart aus der Familie der Fingerfruchtgewächse (Lardizabalaceae).
Ihr natürliches Verbreitungsgebiet sind die bergigen Wäldern Ostasiens (China, Korea, Japan). Man findet sie an Waldränder entlang von Bächen und in Gestrüpp an Berghängen von 300 m bis hinauf auf etwa 1500 m über dem Meeresspiegel. Am liebsten steht die Fingerblättrige Akebie sonnig oder halbschattig an einer geschützten Lage. Die Erde sollte eher lehmig, feucht und nährstoffreich sein. Sie ist jedoch anpassungsfähig und gedeiht auch in sandiger, weniger feuchter Erde.

Bild 2: Das Blattwerk der Fingerblättrigen Akebie
Akebia quinata ist eine tropische, verholzende, immergrüne oder laubabwerfende Kletterpflanze und erreicht Wuchshöhen bzw. Längen von um die 12 Meter. Ihre Laubblätter sind meist fünfteilig, handförmig zusam- mengesetzt. Die ganzrandigen und kurz gestielten, etwa 2,5–6,5 Zentimeter langen, kahlen Fiederblättchen sind eiförmig bis verkehrt-eiförmig und oberseits dunkelgrün, unterseits bläulichgrün gefärbt. Das Endblättchen ist meist leicht vergrößert, der 1–2 Zentimeter lange Petiolulus ist rinnig gekerbt. Die Blattspitzen der Fiederblättchen sind abgerundet und meist eingebuchtet aber gelegentlich auch bespitzt. Der Blattstiel (Petiolus) ist 5–10 Zentimeter lang und rund. Die Nebenblätter fehlen meist.
Bilder 3a-d: Blüten von Akebia quinata
Die Fingerblättrige Akebie ist einhäusig getrenntgeschlechtlich, die Blütezeit ist April bis Mai. Die leicht duftenden Blüten mit einfacher Blütenhülle stehen in achselständigen Trauben zusammen, die Kronblätter fehlen. Es sind kleine Tragblätter vorhanden. Die drei petaloiden Kelchblätter sind jeweils bootförmig. Die Blüten sind jeweils rosa, rötlich oder purpurfarben bis violett oder weiß gefärbt. Die weiblichen Blüten sind lang gestielt und etwa 2,5 cm groß, die männlichen sind kurz gestielt und kleiner (etwa 1 cm). Bei den weiblichen Blüten sind mehrere freie Stempel und einige Staminodien vorhanden. Bei den männlichen Blüten sind einige, relativ kurze Staubblätter mit großen Antheren und sehr kurzen Staubfäden und einige kurze Pistillode ausgebildet.
Bilder 4a,b: Früchte der Fingerblättrigen Akebie
Die mehr oder weniger purpurnen, leicht ledrigen, glatten und recht skurril aussehenden, Balgfrüchte der Akebie reifen von September bis Oktober. Sie sind 5–9 Zentimeter lang, fingerförmig und oft ein wenig gebogen mit einem weißlichen, leicht festen Fruchtfleisch. Die glatten Samen im Zentrum, im gelatinösen, klebrigen und essbaren Plazentagewebe (Pulpe), sind schwärzlich und 4–6 Millimeter groß, mit einem kleinen, weißen Arillus.
In Europa wird die Fingerblättrige Akebie aufgrund ihrer langen Laubhaftung und ihres schnellen Wachstums zur Fassadenbegrünung als Zierpflanze verwendet, ist jedoch kaum verbreitet, da sie sich leicht verschlingt. Die frosttolerante Pflanze ist winterhart (Zone 5).
Die Früchte (bzw. die weiche Pulpe im inneren), sind essbar und haben einen leicht süßlichen Geschmack. Die Blätter können als Tee verwendet werden.
In China und Japan gilt die getrocknete Rinde der Akebie als Heilmittel und ist vom Japanischen Sozialministerium auch als solches anerkannt. Sie wirkt diuretisch, ist entzündungshemmend, hilft bei ausbleibender Menstruation und beim Stillen. Außerdem werden der Frucht krebsheilende und der Wurzel fiebersenkende Wirkung nachgesagt. In einer Untersuchung zu schwangerschaftsverhütenden Pflanzen in China stand die Akebie außerdem an 13. Stelle.

Bild5: Illustration zu Akebia quinata aus der Flora Japonica, Sectio Prima (Tafelband), gemeinfrei
Kurz zur Präparation
Geschnitten habe ich den diesjährigen und den einjährigen Spross jeweils freistehend auf dem Tempelchen (Zylindermikrotom im Halter als Tischmikrotom) mit Leica Einmalklingen 818 im SHK Halter.
Die Schnittdicke beträgt ca. 50µm.
Fixiert wurden die Schnitte für ca. 10 Stunden in AFE. Nach Überführen in Aqua dest. waren die Schnitte dann bereit für die Färbung.
Gefärbt habe ich mit W-Asim III nach Rolf-Dieter Müller (diesjähriger spross) und mit W3Asim I sowie W-Asim III (einjähriger Spross).
Anschließend habe ich gut mit Aqua dest. gespült, eine Differenzierung ist bei dieser Färbung nicht notwendig.
Eingedeckt wurden die Schnitte nach gründlichem Entwässern mit reinem Isopropanol wie immer in Euparal.

Bild 6: Das 100er war mal wieder im Einsatz
Die verwendete Technik
Die Aufnahmen sind auf dem Leica DMLS mit dem 5x NPlan und den PlanApos 10x, 20x, 40x und 100x entstanden. Die Kamera ist eine Panasonic GX7, die am Trinotubus des Mikroskops ohne Zwischenoptik direkt adaptiert ist. Die Steuerung der Kamera erfolgt durch einen elektronischen Fernauslöser. Die notwendigen Einstellungen zur Verschlusszeit und den Weißabgleich führe ich vor den Aufnahmeserien direkt an der Kamera durch. Der Vorschub erfolgt manuell anhand der Skala am Feintrieb des DMLS.
Alle Mikroaufnahmen sind mit Zerene Stacker V1.04 (64bit) gestackt. Die anschließende Nachbereitung beschränkt sich auf die Normalisierung und ein leichtes Nachschärfen nach dem Verkleinern auf die 1024er Auflösung (alles mit XNView in der aktuellen Version). Bei stärker verrauschten Aufnahmen lasse ich aber auch mal Neat Image in der Version 8.0 ran.
Und nun zu den Schnitten der unterschiedlich alten Sprosse
Das Ziel des Beitrags ist der Vergleich eines frischen Sprosses aus der aktuellen Wachstumsperiode mit einem einjährigen Spross aus der Wachstumsperiode 2019. Zunächst möchte ich den jungen Spross aus diesem Jahr zeigen, dann den aus dem letzten Jahr - jeweils im gefärbten Schnitt. Zum Schluss dann noch einmal Bilder von den frischen, unfixierten Schnitten in der direkten Gegenüberstellung.
Bilder 7a-c: Übersicht und Ausschnitt des diesjährigen Sprosses
Wir sehen einen recht "normalen" Spross einer dicotylen Pflanze, dem man das Attribut Kletterpflanze nicht wirklich ansieht. Auffällig höchstens die schon hier zu einem gewschwungenen Ring verwachsenen Sklerenchymkappen der Leitbündel. Von außen nach innen finden wir: die Epidermis (Ep) mit der nicht sonderlich ausgeprägten Cuticula (Cu), darunter das Rindenparenchym (RP) und dann die sehr regelmäßig in einem Ring angeordneten offen kollateralen Leitbündel mit der äußeren Sklerenchymkappe (SklK), dem vergleichsweise großen Phloem (Pl) mit vielen Phloemparenchymzellen, dem Cambium (Ca), dem Xylem (Xl) mit den Tracheen (T), dem primären Xylem (pXl) und den deutlich schwächer ausgeprägten inneren Sklerenchymkappen (wieder SklK). Das Innere des Sprosses ist von einem Markparenchym (MP) ausgefüllt, das anhand der Färbung ausgehend von den Leitbündeln sklerifizierte Zellwände entwickelt.
Informationen zu den Abkürzungen im beschrifteten Bild 7c und den folgenden beschrifteten Bildern finden Sie wie immer
hier auf unserer Webseite.
Schauen wir etwas genauer hin:
Bilder 8a-e: Der diesjährige Spross im Detail
Das Bild 8a zeigt zwei der Leitbündel noch einmal genauer, im Bild 8b sehen wir die zusammenhängenden Sklerenchymkappen, die Parenchymzellen darüber enthalten, wie in Bild 8c schön zu erkennen, teils viele Amyloplasten (Stärkekörner). Die Bilder 8d und e zeigen das Cambium (Ca) mit dem nach außen und innen noch nicht fertig ausdifferenzierten Zellen des Phloems bzw. Xylems. Am unten Rand einige schon verholzte Xylem-Zellen. Spannend die junge Trachee (j T) links im Bild. Deren Zellwände haben noch nicht die spätere Form angenommen und Lignineinlagerungen fehlen völlig.
Nun werfen wir zum Vergleich einen Blick auf den ein Jahr älteren Spross:
Bilder 9a-c: Übersicht und Ausschnitt des einjährigen Sprosses
Da hat sich doch einiges getan! Wir finden als Abschlussgewebe ein Periderm, aufliegend Reste der alten Epidermis mit der Cuticula, darunter noch das Rindenparenchym (RP), dann kommt wieder das Leitgewebe, nun zu einem Ring verwachsen, aber jeweils durch einen Markstrahl (MS) voneinander getrennt. Die äußeren Sklerenchymkappen (SklK) zeigen nun deutlich stärker verholzte Zellen und sie sind teils eingerissen. Die Lücken wurden von neu eingewachsenem, ebenfalls sklerenchymatischen Gewebe gefüllt: eine Folge des Dickenwachstums des Sprosses. Darunter wieder Phloem (Pl) und Cambium (Ca) und dann das Xylem (Xl), das nun mit seinen großen Tracheen (T) deutlich mehr Raum einnimmt. Unten wieder das primäre Xylem (pXl), nun auch verholzt. Die schon beim einjährigen Spross absehbarer Entwicklung des Markparenchyms (MP) ist nun abgeschlossen: die Zellen sind bis auf einen kleinen inneren Bereich komplett verholzt und erscheinen im gleichen kräftigen Rot wie auch das Xylem.
Wir sehen - durch aus klassisch, den nun ausdifferenzierten Spross. In den kommenden Jahren hätten sich im Xylem nach und nach Jahresringe gezeigt und es besteht eine gute Chance, dass im Zuge des weiteren Dickenwachstums auch Rindenparenchym und äußere Sklerenchymkappen zumindest eingerissen, wenn nicht sogar abgestoßen worden wären.
Nun noch einige Bilder vom einjährigen Spross im Detail:
Bilder 10a-c: Details aus den Schnitten des einjährigen Sprosses
Nun folgt die direkte Gegenüberstellung, zur Abwechslung einmal anhand der frischen, ungefärbten Schnitte. Im ersten Bild jeweils der diesjährige Spross, während das zweite den einjährigen Spross zeigt. Wir sehen hier die natürlichen Farben der Gewebe mit dem Grün der noch erhaltenen Chloroplasten.
Bilder 11a,b: Übersicht
Bilder 12a,b: Der Ausschnitt, wie oben schon gefärbt gezeigt
Bilder 13a,b: Abschlussgewebe und zwei Leitbündel, im Bild 13a nur bis zum Phloem
Auch im Polarisationskontrast ergeben sich beim frischen Schnitt interessante Einblicke. Hier vom einjährigen Spross.
Bilder 14a,b: Der einjährige Spross, im Hellfeld und im Polarisationskontrast (Bild 14b)
Besonders die Aufnahmen 14a und b zeigen eindrucksvoll, dass alle anatomischen Details auch am frischen, umngefärbten Schnitt zu erkennen sind. Der Polarisationskontrast beseitigt dann etwaige Zweifel und zeigt ggf. vorhandene Calciumoxalatkristalle (die bei der Akebie aber fehlen).
Die erste Schnittserie vom einjährigen Spross habe ich am Frischmaterial durchgeführt, das sich erstaunlich schlecht schneiden lies. Schon an den ungefärbten Schnitten war zu erkennen: das ist nichts geworden. Eine (unnötige) Bleiche mit Eau de Javel tat dann das Übrige: bei rund 15 Schnitten wenig Hoffnung auf gute Präparate. Um einen Überblick zu bekommen, habe ich schnell mit W3Asim I gefärbt. 2 Schnitte waren überraschenderweise halbwegs brauchbar, von diesen stammen die folgenden Aufnahmen.
Bilder 15a-f: Einjähriger Spross in W3Asim I Färbung
Neu ist hier die Lentizelle (Len) in den Bildern 15e und f. Man sieht: W3Asim I ist im Vergleich zwar deutlich brillianter, aber die Differenzierung der einzelnen Gewebe ist nicht so gut wie beim W-Asim III RDM. Für die Akebie ist W-Asim III also die bessere Färbung.
Literatur und Links
[1] Mikroskopisch-botanisches Praktikum
Gerhard Wanner
, Thieme, 2. Auflage 2010
[2] Pflanzenanatomie
Katherine Esau, Gustav Fischer Verlag, 1969
[3] Botanische Schnitte mit dem Zylindermikrotom
Jörg Weiß, MBK 2011
[4] Botanische Färbungen im Vergleich
Jörg Weiß, MKB 2019
[5] Tabelle der Abkürzungen zur Pflanzenanatomie
Jörg Weiß, MKB 2013
[6] Fingerblättrige Akebie auf Wikipedia
Wikipedia in deutscher Sprache
[7] Atlas of Stem Anatomy in Herbs, Shrubs and Trees
Fritz Hans Schweingruber, Anett Börner, Ernst-Detlef Schulze
Springer 2011
Bildquellen
- Bild 3c: Weibliche Blüte
Aufnahme von User Alpsdake
GFDL (CC BY-SA 3.0), Wikipedia
- Bild 3d: Blütenstände mit männlichen Blüten und einer weiblichen Blüte
Aufnahme von Jeffdelonge, Jardin botanique de Lyon (France)
April 2005, GFDL (CC BY-SA 3.0), Wikipedia
- Bild 5 Illustration
Flora Japonica, Sectio Prima (Tafelband), gemeinfrei
von Philipp Franz von Siebold und Joseph Gerhard Zuccarini
- Alle anderen Aufnahmen vom Autor des Artikels
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