Second Life: Das kleine Leitz HM als Exkursionsmikroskop
Jörg Weiß, vom 16.09.2011
Das schöne Hobby der Mikroskopie findet nicht nur am heimischen Arbeitsplatz statt, sondern führt uns zum Probensammeln auch oft hinaus in die Natur. Und mach einer möchte auch im Urlaub oder in der Gartenlaube gerne einmal einen Blick in den Mikrokosmos werfen. Es wäre also schön, ein kleines Mikroskop zu haben, das leicht zu transportieren ist und trotzdem bei guter Qualität genügend Möglichkeiten bietet, allgemeine Beobachtungen durchzuführen.
Für den schnellen Überblick reicht da oft eine gute Lupe, ein umgedrehtes Okular oder eines der vielen angebotenen Klein- oder Stiftmikroskope.
Lupen und Kleinmikroskope
Die oben gezeigten Kleinmikroskope sind jedoch zum Tümpeln nur bedingt geeignet und auch Bilder des gesehenen lassen sich damit nicht anfertigen. Wie sollte also ein Mikroskop beschaffen sein, das sich flexibel nutzen lässt und trotzdem transportabel ist? Die folgenden Kriterien bieten dazu eine gute Richtschnur:
- Nicht zu schwer, aber robust
- Mit stabilem Transportkoffer, der am besten noch Platz für ein Besteck bietet
- Vergrößerungsbereich zwischen etwa 20x und 400x
- Ein Objektführer oder Kreuztisch für die Tümpler
- Netzunabhängig durch Akku-Leuchte oder Spiegel
- Gute Normobjektive
- Standartokulare 23 mm für die Kameraadaption
Das Leitz Mikroskop HM
Hier kommen ältere Schul- oder Kursmikroskope wie z.B. das Leitz Mikroskop HM ins Spiel. Solche Geräte sind zum Teil recht günstig zu haben und erfüllen - ggf. nach Zukauf einiger Teile - alle oben genannten Bedingungen. Sie sind sogar in gewissem Maße ausbaubar. Dies setzt natürlich einen funktionierenden Gebrauchtmarkt voraus, der zumindest zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Artikels noch ein vielfältiges Angebot aufzuweisen hat.
Das Leitz HM wurde Anfang der 60er Jahre angeboten und ist das Ursprungsmodell der HM-Serie. Je nach Ausstattung kostete es damals zwischen rund 500 und fast 700 DM. Alleine schon vom Preis: das Gerät ist alles andere als ein Spielzeug und mechanisch und optisch von so guter Qualität, dass mein Exemplar nach 48 Jahren Dienst im Kurssaal einer Universität nun lediglich die üblichen Gebrauchsspuren aufweist. Die Mechanik läuft einwandfrei und auch an der optischen Qualität gibt es nichts auszusetzen.
Der Aufwand beim Aufarbeiten des kleinen Mikroskops beschränkte sich somit aufs Abstauben - nur der Koffer brauchte eine ordentliche Reinigung und ist nun auch wieder wie neu.
Die technischen Daten des Leitz HM brauchen hier nicht beschrieben zu werden, da die Firma
Leica Microssystems so freundlich war, mir eine Kopie des Original-Prospektes und anhand der Seriennummer ein kleines Zertifikat zur Verfügung zu stellen:
Bestückt mit dem 10er und dem 45er Achromaten und dem einfachen einlinsigen Kondensor mit Blende handelt es sich bei meinem Leitz HM um das einfachste der im Prospekt vorgestellten Modelle. Auch war nur der einfache Tisch ohne Klammern oder Objektführer verbaut. Dafür sind aber zwei Okulare mit einer Vergrößerung von 6x und 10x vorhanden.
Um es auch zum Tümpeln sinnvoll verwenden zu können, musste also noch ein Objektführer her. Die Verfolgung auch schnell schwimmender Gäste ist damit nach einiger Übung kein Problem, auch wenn die Ergonomie eines echten Kreuztisches natürlich nicht erreicht wird. Die optische Ausstattung habe ich mit einem 3,5x Übersichtsobjektiv ergänzt.
Der Spiegel macht das kleine Gerät völlig unabhängig vom Netz oder von Akkus und erlaubt auf einfachste Weise eine schiefe Beleuchtung, die besonders beim Betrachten kontrastarmer Protisten nützlich ist.
Die Kamera-Adaption
Da am Leitz HM Einsteckokulare mit einem Durchmesser von 23 mm zum Einsatz kommen, kann auf eine einfache Kameraadaption mit dem Herrmannschen Adapterring [1] zurückgegriffen werden. Dabei muss die Austrittspupille des verwendeten Okulars zur Eintrittspupille der Kamera passen. Für die Canon Powershot A520 ist das mit einem Leica Periplan 10x/18 Brille, einem Zeiss KPL 10x/18 Brille oder einem der Universalokulare, die Bestandteil der Herrmannschen Adaption sind, der Fall.
Das verwendete Okular muss mit einem 28er Gewinde ausgestattet sein. Dieses Gewinde kann bei den genannten Okularen eingeschnitten werden bzw. ist bei dem mitgelieferten Universalokular schon vorhanden. Mit dem Adapterring wird das Okular dann am Filteradapter der Kamera befestigt.
Welche Bildqualität ist nun mit dieser einfachen Adaption zu erreichen? Dazu hier einige Beispiele.
Bedingt durch die einfachen achromatischen Objektive ohne Ebnung des Gesichtsfelds kommt es bei den Einzelaufnahmen zu Randunschärfen. Bei vorsichtigem Vorgehen sind aber auch
Z-Stapel möglich - dabei ist jedoch darauf zu achten, dass die Position des Präparates und der Kamera zwischen den einzelnen Aufnahmen nicht verändert wird.
Die Farbwiedergabe der Objektive ist jedoch ganz hervorragend und beim Betrachten durchs Okular fällt die Randunschärfe nicht auf.
Weitere geeignete Modelle
Das Leitz HM ist nicht das einzige Modell, das sich im oben geschilderten Sinne als Exkursionsmikroskop nutzen lässt. Auch die älteren kleinen Lomo-Mikroskope sowie z.B. das Zeiss GFL Stativ erfüllen die eingangs genannten Bedingungen. Insbesondere das GFL lässt sich jedoch auch zu einem vollwertigen Arbeitsplatz-Mikroskop ausbauen.
Literatur