Bexbacher Mikroskopietage
Wolfgang Kurtz und Thilo Bauer im Gespräch
Bexbach, vom 02. bis 04.09.2022
Nachdem im Frühjahr absehbar war, dass das bekannte Dörnberg-Treffen wegen Problemen mit den geplanten Räumlichkeiten ausfallen muss, ist Wolf- gang Kurtz in die Bresche gesprungen und hat die Mikroskopietage Bexbach organisiert. Diesmal hat es uns also in den Westen der Republik verschlagen: Bexbach liegt im Saarland, etwa 30 km von Saarbrücken entfernt. Unser Hotel war das Haus Krone, das uns den Seminarsaal, Vollverpflegung und Unterkunft geboten hat. Wir waren also bestens versorgt. Nach der Anreise am Freitag Vormittag und der etwas ausgiebigeren Begrüßung nach teils längerer Zeit wurde aufgebaut: wie bei solchen Treffen gewohnt, hatte jeder Teilnehmer ausreichend Platz an seinem Arbeitstisch und auch die notwendige Verkabelung war schnell hergestellt.
So viel Aufbauen und Begrüßen macht hungrig, daher sah sich einer der nahe gelegenen Dönerläden dem plötzlichen Überfall einer größeren Rotte Mikroskopiker ausgesetzt, welcher durch schnell zusammengestellte Tische vor dem Restaurant elegant abgefangen wurde. So gestärkt, ging es zurück zum Hotel und das Treffen konnte mit den ersten Workshops beginnen.
Inhalt
Tag 1: Freitag
Nach der Begrüssung durch unseren Gastgeber und Organisator Wolfgang Kurtz, die auch einen kurzen Abriss der Geschichte des Saarlands und des Ortes Bexbach umfasste, konnten die Teilnehmer zwischen zwei angebotenen Workshops wählen. Für die Pflanzenfreunde bot Jörg Weiß das bekannte Praxisformat "Schneiden, Färben, Legen" zur Erstellung botanischer Dauerpräparate an, während die Wasserfreunde in von Gerd Schmahls mitgebrachten Wasserproben tümpeln konnten.
Schneiden, Färben, Legen - mit Jörg Weiß
Neben verschiedenen Proben aus Wolfgangs Garten standen auch fertige Schnitte von Bodo Braunstorfinger zur Verfügung. Weiterhin hatte Maria Beier Spross und Blätter verschiedener Pelargonien mitgebracht, sodass die 4 Schnibbler aus einer großen Vielfalt angebotener Pflanzen wählen konnten. Mit den teils mitgebrachten, teils vom Referenten zur verfügung gestellten Utensilien und Chemikalien wurden die Proben auf dem Zylindermikrotom mit Einmalklingen im SHK Halter geschnitten und nach Fixierung in AFE mit W3Asim I von Rolf-Dieter Müller oder Etzold FCA gefärbt. Das Vorgehen ist bekannt: nach anschließendem Spülen mit Aqua dest. und Entwässern mit Isopropanol 99,8% wurde in Euparal eingedeckt.
Dabei stand der Referent bei Fragen gerne hilfreich zur Seite, sodass jeder Teilnehmer am Ende seine eigenen Präparate auf die Wärmebank legen konnte. Maria wollte unbedingt die Drüsenhaare der mitgebrachten Geranien abbilden, was ein etwas anderes Vorgehen notwendig machte. Da die Entwässerung mit Isopropanol die Sekretblasen der Haare regelmäßig platzen lässt, hat sie Ihre Schnitte nach dem Spülen gleich im Wasser eingedeckt und fotografiert.
Auch ein kleines Missgeschick soll nicht verschwiegen werden: leider (oder Gott sei dank?) hat Jörg beim Versuch, AFE zur Fixierung nach zu gießen, das Fläschchen mit dem Etzold FCA erwischt. Da die Färbung auch in der AFE Umgebung sehr hartnäckig war, blieb nur der Weg nach vorne: Es gibt in der anschließenden Bilderstrecke also zwei Färbungen zu sehen.
Wer eine genauere Beschreibung zur Arbeitsweise bei der Erstellung Botanischer Dauerpräparate wünscht, wird
hier auf unserer Webseite fündig.
Die Vier vom Präparationsteam
Die hier gezeigten Aufnahmen sind direkt in Bexbach auf dem Leitz SM Stativ mit NexYZ Adapter und einem Mobiltelefon entstanden. Es sind Einzel- aufnahmen mit der systembedingter Vignettierung ohne weitere Nach- bearbeitung, sie zeigen also schön, was mit dem Handy an einem einfachen Mikroskop möglich ist. Da die meisten modernen Handys mehrere Kameras haben und diese automatisch wechseln: hier ist eine Kamera-App nützlich, bei der man das gewünschte Kameraobjektiv fest vorgeben kann.
Wer mehr zur Anatomie der unten gezeigten Raspelblättrigen Pelargonie lesen möchte, wird
hier fündig.
Bilder von den Schnitten
Marias Bilder von den Drüsenhaaren
Tümpeln in mitgebrachten Proben - mit Gerd Schmahl & Paramecien Bestimmungsübung - mit Thilau Bauer
Der weitaus größere Teil der Kolleginnen und Kollegen versammelte sich jedoch um Gerd Schmahls Proben aus verschiedenen Kleingewässern in und um den Tharandter Wald, die von weiteren Proben von Wolfgang und Thilo ergänzt wurden. Bei der fröhlichen Jagt wurden die verschiedensten mikroskopischen Wasserbewohner entdeckt: von Ciliaten über Diatomeen bis hin zu Grünalgen war alles dabei.
Dabei ist es immer wieder spannen zu sehen, welche unterschiedlich Lebensgemeinschaften die Proben aus verschiedenen Biotopen enthalten. Was nicht zuletzt auch die Schnippler dazu brachte, nach der Präparation der Pflanzen einen Blick in den einen oder anderen Probentropfen zu werfen.
Neben der Untersuchung der Proben bot Thilo Bauer noch eine Bestimmungsübung für Paramecien an. Dazu hatte er vier Kulturen mitgebracht, die je eine bestimmte Art der "Pantoffeltierchen" enthielten. Anhand eines ausgeteilten Bestimmungsschlüssels konnten diese dann von den Teilnehmern bestimmt werden. natürlich waren die Proben nummeriert und die jeweilige Art nicht bekannt: ein bisschen Anreiz muss ja sein.
Faszinierend dabei, wie es Thilo immer wieder schaffte, auf seiner "Fangstation" mit der Mikropipette jeweils nur ein oder zwei Exemplare aus der Probe zu fischen und auf den Objektträger der Teilnehmer zu tropfen.
Die Tümpler
Was es so zu sehen gab
Wie auf dem Treffen angekündigt: hier der von Thilo Bauer zusammengestellte kleine Bestimmungsschlüssel zur "Parameciumjagt" zum Herunterladen (pdf, 420 KB):
Bestimmungsschlüssel von Paramecium
Bärtierchen - mit Gerd Schmahl
Den Abschluss des offiziellen Programms bildete dann Gerd Schmahls Vortrag zum Thema Bärtierchen. Bärtierchen (Tardigrada, auch Wasserbären) bilden einen faszinierender Stamm innerhalb der Ecdysozoa. Die meist weniger als einen Millimeter großen achtbeinigen Tiere erinnern durch ihr Aussehen und ihre tapsig wirkende Fortbewegungsweise etwas an Bären, was zu ihrer Bezeichnung im deutschen Sprachraum führte. Man findet sie in den verschiedensten Lebensräumen wie z.B. in Moosen aber auch im Sand im Spülsaum der Meere und Seen. Wer mehr über diese äusserst interessanten kleinen Wesen wissen möchte, wir in Martin Machs sehr gut gemachten
Bärtierchenjournal fündig. Der Besuch der Seite ist hiermit wärmstens empfohlen.
Ziel von Gerds Vortrag war aber nicht nur die Vorstellung der kleinen Gesellen sondern auch eine praktische Anleitung zum Auffinden der selben zur anschließenden Betrachtung unter dem Mikroskop. Dazu nimmt man - gerne auch trockenes - Moos in ausreichender Menge und legt es in Mineralwasser (kein destilliertes Wasser oder Leitungswasser!) und presst dieses nach einiger Zeit aus. Eventuell vorhandene Dauerstadien werden so wieder aktiv und können mit abgefischt werden. Durch Absetzen oder Filtern in einem kleinen Planktonsieb wird die Probe aufkonzentriert und die Tierchen können in einem Tropfen auf den Objektträger gebracht und beobachtet werden.
Bei einer weiteren Methode nimmt man ein kleines Mooskissen z.B. von einer Kalksandmauer und legt es mit der grünen Seite nach unten in eine mit ein wenig Wasser (wie oben) befüllten Petrieschale. Hier sammeln sich die "Bären" nach einiger Zeit im Wasser unterhalb des Mooses und können dort recht einfach zur Beobachtung abpippetiert werden.
Leider haben mich keine Aufnahmen von Bärtierchen aus Bexbach erreicht, daher hier einige alte Aufnahmen von mir zur Veranschaulichung, ergänzt von zwei hervorragenden Aufnahmen unseres Kollegen Frank Fox.
Bärtierchen
Noch ehe man sich's versieht, ist das Programm des ersten Tages vorbei! Den Abend konnten wir dann dank des noch guten Wetters im Garten des Haus Krone verbringen, wo manche noch bis spät bei einem Glas Rotwein geplauscht haben.
Leckeres Essen, kühles Bier und guter Wein!
Tag 2: Samstag
Der zweite Tag startete nach einem guten Frühstück mit einem abwechslungsreichen Programm. Am Vormittag gab es Vorträge aus der Welt der Paramecien von Thilo Bauer und von Pilzen, Moosen und Mikroskopen von Arnold Büscheln und nach der Mittagspause ging es weiter mit Makroskopischer Gesteinsbestimmung von Olaf Medenbach und Nachhilfe in Geologie von Wolfgang Kurz. Den anschließenden Abend haben wir dann im Seminarraum verbracht.
Neues aus der Welt der Paramecien - mit Thilo Bauer
Begonnen hatte es als reines Hobbyprojekt an der Hellenmaar bei Bornheim aber zwischenzeitlich konnten Thilo und seine Mitstreiter mehrere Paramecienarten neu entdecken bzw. neu beschreiben. Die dazu notwendigen Verfahren reichen heute weit über die Lichtmikroskopie heraus und enden letztendlich bei der Sequenzierung von Genabschnitten zur exakten Bestimmung der Funde. Dabei ist aber noch immer eine gute Beobachtungsgabe am Mikropskop und ein Händchen für die Vermehrung und Kultivierung der Funde notwendig und wer sagt denn, dass man zumindest die Vorbereitung für die Sequenzierung nicht auch im heimischen Labor vornehmen kann?
In seinem Vortrag nahm uns Thilo Bauer mit auf die spannende Reise von der Sichtung einiger "seltsamer" Paramecien, die von Größe und Gestalt nicht so ganz zu den Vorliegenden Beschreibungen passen wollten bis zur wissenschaftlich korrekten Beschreibung wiederentdeckter und neuer Arten.
Eindrücke von Thilos Vortrag
Pilze, Moose und Mikroskope - mit Arnold Büschlen
Mit dem zweiten Vortrag des Tages entführte uns Arnold Büschlen in die Welt mikroskopisch kleiner Pilze und ihrer Wirte: Moose. Der sehr interessante Vortrag zeigte verschiedene Pilzarten auf dem jeweiligen Wirt und unter dem Mikroskop.
Arnold war so nett, uns seinen Foliensatz zum Download zu überlassen, viel Spaß beim Nachlesen des Vortrags mit seinen fantastischen Aufnahmen!
Arnolds Vortrag zum Herunterladen (Powerpoint .pptx, 188 MB):
Pilze, Moose und Mikroskope
Eindrücke von Arnolds Vortrag
Makroskopische Mineral- und Gesteinsbestimmung - mit Olaf Medenbach
Nach dem Mittagessen wurde es dann steinig: Olaf Medenbach führte mit seinem Vortrag zur Makroskopische Mineral- und Gesteinsbestimmung in den Mineralogischen teil des Treffens ein.
Ein Stein ist ein Stein, oder? Nein, da gibt es schon Unterschiede, die bei Sandsteinen und Basalt gleich ins Auge fallen, manchmal aber durchaus etwas subtiler sind. Olafs Ausführungen zeigten, wie man mit recht einfachen Mitteln wie z.B. der Schätzung des Anteils an hellen und dunklen Kristallen im Gestein schon recht weit kommen kann, wenn man denn genauer wissen will, was man vor sich hat. Aber auch da gibt es versteckte Fallen: so lassen dunkle Kristalle, die hinter helleren, durchscheinenden Kristallen liegen, das Gestein oft dunkler erscheinen, als es tatsächlich ist.
Auch Olaf hat seinen Foliensatz zum Nachlesen zur Verfügung gestellt (Powerpoint .ppt, 21 MB):
Makroskopische Bestimmung von Gesteinen
Eindrücke von Olafs Vortrag
Nachhilfe in Geologie mit praktischen Übungen - mit Wolfgang Kurtz
Und dann musste erst mal geschleppt werden. Für Wolfgangs Nachhilfe in Geologie wurden zwei Klassensätze mit unterschiedlichen Gesteinen hereingetragen. Diese waren fein säuberlich in nummerierten Körbchen einsortiert und wurden während Wolfgangs Vortrag Stück für Stück ausgegeben und wieder eingesammelt. "Die sind abgezählt! Bitte wieder in die richtigen Körbchen zurücklegen!" - man merkt gleich: Wolfgang war vor der Pensionierung Lehrer. Und damit konnten wir alle einen didaktisch gut gemachten Spaziergang durch die unterschiedlichen Gesteinsarten genießen, denen wir mit der Lupe und teils mit fachkundiger Hilfe Olafs auf den Pelz bzw. auf die Kristalle rückten.
Ich habe alles zwei mal durchsucht: leider waren wir so begeistert bei der Sache, dass niemand daran gedacht hat, diesen sehr lebendigen Workshop fotografisch fest zu halten. Daher diesmal leider ohne Bilder.
Ueberblick Gesteine von Wolfgang
Ein denkwürdiger Abend
Nach dem Abendessen ging es dann wieder in den Seminarsaal: es regnete und die anderen Räumlichkeiten des Hotels waren durch eine Hochzeit und zwei weitere kleinere Gesellschaften mehr als ausgelastet. Aber das machte nichts: schnell fanden sich alle, unterstützt von so manch sehr gutem Rotwein, an einem Tisch zusammen und es wurde gefachsimpelt und diskutiert - und gesungen.
Wir durften eine den meisten sicher unbekannte Seite von Gerd kennen lernen, der nicht nur Mikroskopiker sondern auch Liedermacher ist. Ein rundum gelungener Abend! Danke an GErd und Thilo für Musik und Gesang und an Olaf für den besten der drei verkosteten Primitivos.
Wein und Gesang
Tag 3: Sonntag
Kaum angefangen, schon wieder vorbei! Die Bexbacher Mikroskopietage vergingen wie im Flug. Aber halt: am Sonnatgvormittag standen noch zwei hochkarätige Vorträge auf dem Programm: es ging um die Herstellung von Dünnschliffen in einem Vortrag von Wolfgang Kurtz und zum Abschluss um die Mikroskopische Bestimmung von Gesteinen, wieder von Olaf Medenbach.
DIY - Herstellung von Gesteinsdünnschliffen - mit Wolfgang Kurtz und Gerd Schmahl
Gesteinsdünnschliffe selbst machen? Sägen? Abschleifen? Eindecken? Ja, das geht auch ohne teuere professionelle Hardware. Wolfgang zeigte in seinem Vortrag, worauf man bei der Anschaffung entsprechender Gerätschaften achten muss und was im Selbstbau gelingt. Aber immer schön auf die Finger aufpassen!
Eindrücke von Wolfgangs zweitem Vortrag
Mikroskopische Mineral- und Gesteinsbestimmung - mit Olaf Medenbach
Hatten wir uns gestern mit der makroskopischen Bestimmung von Gesteinen beschäftigt, ging es heute ans Eingemachte: die mikroskopische Bestimmung von Mineralen und Gesteinen im zweiten Vortrag von Olaf Medenbach. Voraussetzung für diese Disziplin ist das Vorliegen der Probe als Gesteinsdünnschliff - am besten in allen drei Raumrichtungen. Weiterhin braucht es wie immer Wissen und Erfahrung, zwei Semester Mineralogie, ein gutes Buch und ein paar Diagramme und Tabellen. Für einen ersten Einblick reicht aber auch Olafs engagierter Vortrag. :)
Ok, es war nicht nur der Vortrag sondern auch eine Live-Vorführung der Arbeitsschritte mit verschiedenen Dünnschliffen am Mikroskop. Und wer Olaf einmal zugehört hat, der weiß: er lebt und atmet sein Fach und kann es wunderbar unterhaltsam und gemeinverständlich darstellen.
Der zweite Vortrag von Olaf kann hier ebenfalls wieder zum Nachlesen herunter geladen werden (Powerpoint .ppt, 28 MB):
Mikroskopische Bestimmung von Mineralen und Gesteinen
Eindrücke von Olafs zweitem Vortrag
Impressionen
Und da waren sie auch schon wieder vorbei, die drei Tage des Treffens das neben den vielen Vorträgen und Workshops auch noch genug Zeit für eigene Aktivitäten und Fachsimpeleien gelassen hat. Noch schnell eingepackt und verabschiedet und schon waren alle wieder unterwegs nach Hause. Nebenbei sind noch einige weitere Bilder entstanden, die ich hier zum Abschluss gerne zeigen möchte, um die gute Stimmung des Treffens wieder zu geben. Und sicherlich interessiert den einen oder die andere auch, was so an Hardware auf den Tischen stand. Daher zum Abschluss noch zwei Fotostrecken zu diesen Themen.
Impressionen vom Treffen
Auf die Tische geschaut - Mikroskope der Teilnehmer
Dank
Wir danken Wolfgang Kurtz für die perfekte Organisation des gelungenen Treffens, den Referenten für die vielen spannenden Vorträge und Workshops und nicht zuletzt der Crew des Hotels Haus Krone in Bexbach für die sehr angenehme Unterbringung und das gute Essen.
Ich denke, ich bin nicht der einzige, der im stillen hofft, dass die Ersten Bexbacher Mikroskopietage nicht die letzten gewesen sind.